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Eine Gruppe um Björn Hof vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) im österreichischen Klosterneuburg hat ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature“ dargestellt.

© Nadine Poncioni ISTA

Blutkreislauf als Vorbild: Pulsierendes Pumpen in Pipelines spart Energie

Werden Flüssigkeiten oder Gase pulsierend durch Rohre transportiert, ähnlich dem Blutfluss durch die Hauptschlagader, könnte das erheblich Energie einsparen, besagt eine österreichische Studie.

Von Stefan Parsch, dpa

Beim Transport von Flüssigkeiten und Gasen durch Röhren kann viel Energie eingespart werden, wenn die Art des Pumpens ähnlich ist wie beim Herzen. Das haben österreichische Wissenschaftler in Experimenten und Computersimulationen herausgefunden.

Im Vergleich zum heute üblichen kontinuierlichen Fließen kann die neue Pumpmethode die Turbulenzen in einem geraden Rohr um 27 Prozent und den Energieaufwand für das Pumpen um neun Prozent reduzieren, berichtet eine Gruppe um Björn Hof vom Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg in der Fachzeitschrift „Nature“.

Schätzungen zufolge werden etwa zehn Prozent des weltweiten Stroms für das Pumpen von Flüssigkeiten und Gasen verbraucht, schreiben die Studienautoren. Ingenieure suchen nach Möglichkeiten, das Pumpen effizienter zu gestalten. Denn an den Pipelinewänden entsteht Reibung, die zu Verwirbelungen und Turbulenzen in der Flüssigkeit oder im Gas führt. Um den Widerstand durch die Turbulenzen zu überwinden, muss die Pumpleistung erhöht werden.

„Wir suchten nach einem Ansatz, der keine komplizierten strukturellen Änderungen an der Infrastruktur, wie Sensoren und Aktoren, erfordert“, wird Davide Scarselli vom ISTA, Erstautor der Studie, in einer Mitteilung seines Instituts zitiert.

Während herkömmliche mechanische Pumpen einen gleichmäßigen Flüssigkeits- oder Gasstrom erzeugen, pulsiert das Herz. „Wir waren neugierig, ob diese besondere Antriebsform möglicherweise einen Vorteil hat“, erläutert Hof. Das Besondere am Pumpen des Herzens ist, dass es eine Ruhephase gibt, die Diastole: In dieser Phase erschlaffen die Herzkammern und es strömt Blut aus den Vorhöfen nach. „Eine Verringerung von Reibung und turbulenten Schwankungen ist im biologischen Zusammenhang eindeutig von Vorteil, da dadurch eine Schädigung der empfindlichen Zellen verhindert wird, die die innerste Schicht unserer Blutgefäße bilden“, ergänzt Hof.

Im Gegensatz zu früheren Versuchen mit pulsierendem Pumpen, die kaum einen Effizienzvorteil ergaben, berücksichtigten Hof und Kollegen auch die Ruhephase. Die Forscher setzten dem gepumpten Wasser reflektierende Partikel zu und konnten dadurch mit einem Laser Turbulenzen in der durchsichtigen Röhre sichtbar machen. Die Ruhephase zwischen den Pumpstößen reduzierte die Turbulenzen deutlich. Das Team um Hof führte zahlreiche praktische Versuche und Computersimulationen mit Rohren unterschiedlicher Länge und mit verschiedenen Durchmessern durch.

Wenn die Strömungsgeschwindigkeit etwas langsamer zunahm, als sie anschließend wieder abnahm, war schon eine deutliche Verringerung der Verwirbelungen zu erkennen. Das Optimum mit 27 Prozent weniger Turbulenzen und neun Prozent niedrigerem Energieverbrauch ergab sich jedoch, wenn die Strömungsgeschwindigkeit erst schnell anstieg, danach etwas langsamer zurückging, ähnlich wie bei der Diastole des Herzens sehr ähnlich ist. „Wie jeder Teil unseres Körpers wurde auch das menschliche Herz durch Millionen von Jahren der Evolution geformt“, erklärt Hof, weshalb das Herz ein Vorbild für mechanische Pumpen sein könne.

„Angesichts der Tatsache, dass das Pumpen von Flüssigkeiten in der Europäischen Union schätzungsweise fast 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmacht, könnte eine Reduzierung der Pumpleistung um neun Prozent einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz leisten“, schreibt Angela Busse von der University of Glasgow in einem begleitenden Kommentar. Sie weist jedoch darauf hin, dass die Experimente bisher nur an geraden Röhren durchgeführt wurden. In der Praxis gebe es deutlich komplexere Rohrsysteme. Deshalb sei noch mehr Forschung vonnöten, bevor solche Einsparungen realisiert werden könnten.

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