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Die Klimakonferenz findet im Sharm El Sheikh International Convention Centre statt.

© Mohammed ABED / AFP

COP27 in Ägypten: Die Chancen von Scharm el Scheich

Emissionssenkung, Klimafinanzierung, Schäden und Verluste: Was ist von der diesjährigen Klimakonferenz zu erwarten, die am Sonntag am Roten Meer eröffnet wurde?

Bis 2030 werden die globalen Emissionen voraussichtlich um weitere zehn Prozent steigen. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen müssten sie bis dahin um 43 Prozent sinken. Immerhin scheint sich die Kurve ein wenig abzuflachen. Man sei aber „immer noch weit davon entfernt, den Umfang und das Tempo der Emissionssenkungen zu erreichen, die erforderlich sind“, konstatiert der Exekutivsekretär des UN- Klimasekretariats, Simon Stiell.

Nur 15 bis 17 Prozent dessen, was notwendig wäre

Vor dieser Kulisse begann am gestrigen Sonntag die UN-Klimakonferenz COP 27 im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich. Eigentlich sollten die Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention bis dahin ihre nationalen Klimazusagen (NDCs) überarbeiten, sodass die Emissionslücke von 19 bis 23 Gigatonnen CO₂ bis Ende des Jahrzehnts geschlossen werden kann. Bisher sind dem aber erst 24 Staaten nachgekommen – sie erreichen gerade einmal 15 bis 17 Prozent dessen, was notwendig wäre. Das sei „enttäuschend“, so Stiell.

Dass die EU ihre Klimazusagen erst 2023 überarbeitet, trägt nicht zu einer vertrauensbildenden Dynamik bei“

Fentje Jacobsen, World Wildlife Fund

Auch die EU hat ihre vergangenes Jahr neu eingereichten NDCs nicht noch einmal überarbeitet. Man wolle dies 2023 tun, so die Botschaft vom EU-Umweltrat kürzlich. Für Fentje Jacobsen, Senior Advisor für Klimaschutz beim WWF, eine Enttäuschung: „Dass dies erst nach der Klimakonferenz erfolgen soll, trägt nicht zu einer vertrauensbildenden Dynamik bei.“ Auf der COP solle daher ein umfassendes Klimaschutz-Arbeitsprogramm bis 2030 beschlossen werden.

Dies wird eine der zentralen Aufgaben der diesjährigen Konferenz sein. Mit dem vergangenes Jahr beschlossenen „Mitigation Work Programme“ soll erarbeitet werden, wie die Emissionslücke bis 2030 geschlossen werden könnte. Wie genau man das sicherstellen möchte, welche Treibhausgase eingeschlossen sind und ob etwa Ziele für die einzelnen Sektoren formuliert werden sollen, ist noch unklar. Experten erwarten dennoch einige konkrete Zusagen, wie beispielsweise eine Einigung darüber, wann die globalen Emissionen ihren Scheitelpunkt erreichen sollen, neue Ziele für erneuerbare Energien, internationale Zusagen zum Kohleausstieg oder ein Ende der fossilen Subventionen.

Parallel dazu soll auch schon am nächsten Zeitabschnitt des Pariser Abkommens bis 2035 gefeilt werden. Dafür wird der „Global Stocktake“ vorbereitet: Erstmals soll kommendes Jahr in einer Bestandsaufnahme geprüft werden, wo die Welt bei der Umsetzung des Pariser Abkommens steht. Die Hintergrundkulisse dafür ist nicht ideal. Weltweit herrscht ein noch nie gesehener Hunger nach Flüssiggas, afrikanische Staaten möchten ihre Gasreserven ausbeuten und finden genügend Interessenten.

Doch es gibt auch gute Nachrichten. In den USA soll das jüngst beschlossene, 370 Milliarden Dollar schwere Klimapaket die Kapazität für saubere Energie bis 2035 vervierfachen. Indien plant, seine Solarkapazität bis 2027 um ein Viertel zu erhöhen. Und China ist auf dem besten Weg, bis 2025 fast 900 Gigawatt an Wind- und Solarenergie zu installieren.

Wie schon in den vergangenen Jahren wird auch das Thema Klimafinanzierung wieder ganz oben auf der Agenda stehen. Denn voraussichtlich erst im kommenden Jahr wird die Staatengemeinschaft ihr Versprechen einhalten, jährlich 100 Milliarden Dollar für internationale Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen. 2020 wurden laut OECD 83,3 Milliarden Dollar erreicht. Dabei wäre Vorsorge besser als Nachsorge, denn schon Ende des Jahrzehnts dürften sich die Klimaschäden in armen Ländern auf 290 bis 580 Milliarden Dollar summieren. Auch an der Art der Hilfestellung soll geschraubt werden: Bislang werden die meisten Gelder per Kredit vergeben, was arme Länder tiefer in die Schuldenfalle treibt. Direkte Zuschüsse machen nur einen kleinen Teil aus.

Dritter großer Punkt dürfte das leidige Thema Schäden und Verluste (Loss und Damage L&D) werden. 31 Jahre, nachdem das Konzept zum ersten Mal in einem UN-Text auftauchte, gibt es keine wirkliche Lösung dafür, wie vom Klimawandel betroffene Staaten finanziell unterstützt werden können. Geklärt werden muss, welche Rolle L&D in der Klimafinanzierung haben soll oder ob neue Geldtöpfe dafür bereitgestellt werden, wie es Umweltschutzorganisationen fordern. Unter anderem die deutsche Staatssekretärin Jennifer Morgan möchte sich mit dem Thema befassen.

Die ägyptische COP-Präsidentschaft plant zudem, Initiativen zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN auf den Weg zu bringen. Wie viel Schwung die Konferenz angesichts der weltweiten Energiekrise entwickelt, wird sich schon am heutigen 7. sowie am 8. November zeigen. Dann kommen die Staats-und Regierungschefs in Scharm el Scheich zusammen, um den Klimagipfel einzuleiten.

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