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Welpness. Menschen finden junge Wölfe in etwa so kuschelig und anziehend wie Hundewelpen. Junge Wölfe dagegen fühlen sich deutlich weniger zu Menschen hingezogen als ihre hundigen Altersgenossen.

© Roberta Ryan, Wildlife Science Center

Was Welpen wissen: Freundlich sollst du sein, gehorsam und treu

Born to be mild: Wolf und Hund sind zwar eng verwandt. Doch Menschen begegnen beide schon sehr bald nach der Geburt extrem unterschiedlich.

Wer die Erzählung „Herr und Hund“ von Thomas Mann gelesen hat, weiß es: Hunde sind oft viel menschlicher als sie wölfisch sind. Beide Tierarten tragen den wissenschaftlichen Namen Canis lupus, beim Hund vielsagend ergänzt durch „familiaris“. Wie und warum der Hund zu des Menschen bestem Freunde wurde, und wie viel Wildheit in ihm allein durch den Kontakt zu Menschen von Welpenbeinen an nur maskiert wird, darüber gibt es unterschiedliche Thesen.

Eine neue Studie, die im Magazin „Current Biology“ erscheint, zeigt nun, wie fern sich Hund und Wolf schon bei ihrer Geburt in entscheidenden Eigenschaften sind.

Der Mensch, der beste Freund des Hundes

Demnach unterscheiden sie sich bereits als Welpen grundlegend in ihrer Beziehung zu Menschen. Selbst wenn Hundewelpen kaum Kontakt zu ihnen hatten, sind sie weit zutraulicher als gleichaltrige Wölfe, selbst wenn diese an Menschen gewöhnt sind. Es gebe ein „ungewöhnliches Interesse an Menschen, dass die früh einsetzenden sozialen Fähigkeiten von Hunden anregt“, schreibt ein Team um Hannah Salomons von der Duke University in Durham in North Carolina.

Von Hunden ist bekannt, dass sie Gesten und Mimik von Menschen verstehen können – im Gegensatz sogar zu unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen. Das deuten manche Forscher als Resultat ihrer Domestizierung, die vor etwa 14 000 Jahren begann. Andere glauben bislang, dass die kommunikative Fähigkeit von Hunden von einem Ahnen herrührt, den sie mit Wölfen teilen.

Wo ist mein Mensch?

In diesem Fall sollten Wölfe soziale Beziehungen mit Menschen allerdings ähnlich erlernen können wie Hunde. Das testeten die Forscher an gut 80 Hunde- und Wolfswelpen im Alter von fünf bis 18 Wochen. Die in Gefangenschaft geborenen Wölfe waren sogar ab dem elften Tag nach der Geburt mit Menschen zusammen. Sie wurden von Hand gefüttert und durften im Bett ihrer Betreuer schlafen. Die Hunde dagegen blieben bis zum Alter von acht Wochen bei ihren Geschwistern und hatten wenig Kontakt zu Menschen.

In den ersten Versuchen näherte sich den Welpen entweder ein unbekannter oder aber ein vertrauter Mensch: Handelte es sich um eine unbekannte Person, war die Wahrscheinlichkeit bei den Hunden, ihn zu berühren, um gut den Faktor 30 höher als bei den Wölfen. Vertraute Menschen berührten die jungen Hunde fünfmal häufiger als die Wolfswelpen. In einem weiteren Experiment wurde Futter in einer von zwei Boxen versteckt. Zeigte ein Mensch auf diese Box, verstanden die jungen Hunde dies in 78 Prozent der Fälle. Bei den Wölfen war die Trefferquote kaum größer als per Zufall.

Hunde, die Menschen mögen, sind im Vorteil

Dazu kam ein weiterer Versuch mit von einem Menschen in einer verschlossenen Box deponiertem Futter: Hundewelpen blickten bei dem 30-sekündigen Versuch dem Menschen durchschnittlich gut vier Sekunden lang in die Augen, bei Wolfswelpen waren es knapp 1,5 Sekunden. „Hunde-, aber nicht Wolfswelpen werden von Menschen angezogen und zeigen schon früh die Fähigkeit, menschliche Gesten zu verstehen, obwohl die Wolfswelpen stärker mit Menschen sozialisiert waren“, schreibt das Team.

Tests ohne Personenbeteiligung zeigten, dass die Wölfe nicht weniger intelligent waren, sondern dass die Unterschiede nur den Umgang mit Menschen betrafen. „Es geht nicht darum, welche Art klüger ist“, wird Erstautorin Salomons in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert. Tiere entwickelten vielmehr „ihre Fähigkeiten so, dass sie in ihrer jeweiligen Umgebung erfolgreicher sind“.

Hundeblick

Die Autoren erklären die Unterschiede damit, dass die frühen Jäger und Sammler in der Anfangsphase der Domestizierung gezielt jene Tiere wählten und weiterzüchteten, die sich von Menschen angezogen fühlten. Andere Studien haben etwa gezeigt, dass sich auf diese Weise offenbar auch vergleichsweise Mildheit - zumindest gegenüber Menschen - und treuer Hundeblick durchsetzten.

Dass das so erreichte Maß der Entfernung vom Wolf sogar Angehörige anderer Spezies spüren können, darüber gibt es viele Anekdoten, etwa über „Freundschaften“ mit Tieren, die in der Wildnis Beute wären. Dass ein „guter Hund“ nicht nur Menschen vertrauenswürdiger als ein Wolf erscheint, hat auch schon Thomas Mann beschrieben: Dessen Hühnerhundmischling „Bauchan“ folgte einst ein Schaf auf Schritt und Tritt. Ob einem Hund so etwas dann peinlich ist, könnte man auch einmal erforschen. rif/dpa

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