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Die Küken von Kaiserpinguinen müssen erste ien wasserfestes Gefieder ausbilden, bevor sie von den Eisflächen ins Meer tauchen können.

© imago/Danita Delimont/imago

Kaiserpinguine auf schmelzendem Meereis: Sämtliche Küken von vier Kolonien gestorben

Kaiserpinguine sind imposante Vögel. Für ihren Nachwuchs durchleben sie oft eine Tortur des Hungerns und Ausharrens. Im vergangenen Jahr starben unzählige Küken dennoch. Droht der ikonischen Art das Aus?

Kaiserpinguine leiden einer Analyse zufolge massiv unter dem Verschwinden von Meereis in der Antarktis. Das starke Schmelzen des Eises führte im vergangenen Jahr zum Tod wohl aller Küken in vier von fünf Kolonien in der Bellingshausensee, wie aus der Studie des British Antarctic Survey hervorgeht. Satellitenbilder zeigten demnach, dass die von den Pinguinen als Brutstätten verwendeten Eisflächen komplett verschwunden waren, bevor die Küken ihr wasserdichtes Gefieder ausgebildet hatten.

Der völlige Brutausfall sei eine direkte Folge des beispiellosen Verlusts an Meereis, der in den letzten Jahren in der Region aufgrund des Klimawandels zu verzeichnen war, heißt es in einer Mitteilung zur Studie. Die in der Fachzeitschrift „Communications Earth & Environment“ veröffentlichten Ergebnisse untermauern dem Team um Peter Fretwell zufolge Vorhersagen, wonach bei andauernder Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts 90 Prozent aller Kaiserpinguin-Kolonien so gut wie ausgestorben sein dürften. Aptenodytes forsteri wird bereits als „potentiell gefährdete“ Art in der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN geführt.

Die Küken von Kaiserpinguinen müssen erst ein wasserfestes Gefieder ausbilden, bevor sie von den Eisflächen ins Meer tauchen können.

© imago/Danita Delimont/imago

Überlebenskünstler im ewigen Eis

Der Kaiserpinguin ist das einzige Wirbeltier, das auf dem antarktischen Inlandeis über längere Zeit leben kann. Zwischen 300.000 und 600.000 Individuen leben in den 46 bekannten Kolonien. Kaiserpinguine werden mehr als einen Meter groß und sind die am südlichsten lebende Pinguin-Art.

Sie sind die meiste Zeit des Jahres, von April bis Januar, auf stabiles Meereis angewiesen, das mit dem Festland verbunden ist. Ihre Brutplätzen müssen in Regionen liegen, in denen im antarktischen Sommer das Eis nicht schmilzt. Die Weibchen legen nach der Balzzeit im April im Mai oder Juni jeweils nur ein einziges Ei, das vom Männchen bebrütet wird, während das Weibchen ins Meer zur Jagd zurückkehrt. Es dauert 65 Tage, bis die Küken schlüpfen, flügge werden sie aber erst im Dezember und Januar – dem arktischen Sommer.

Doch Ende November 2022 erreichte die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis wie schon im Vorjahr ein Allzeittief. Am stärksten betroffen war demnach die zentrale und östliche Region der Bellingshausensee, wo das Eis komplett verschwand. In den fünf dort beobachteten Kolonien – Rothschild Island, Verdi Inlet, Smyley Island, Bryan Coast und Pfrogner Point – brüten den Angaben zufolge jeweils etwa 630 (Rothschild Island) bis 3500 Paare (Smyley Island).

Nur eine Kolonie mit Nachwuchs

In dieser Saison seien den Satellitenbildern zufolge allein in der Kolonie auf der Rothschild-Insel Küken flügge geworden. Vor 2022 sei ein derartiger, völliger Brutausfall in den fünf Kolonien nur bei der auf Bryant Coast festgestellt worden.

Satellitenbilder zeigen Smyley Island am 10. Oktober 2022 (l) und am 10. Dezember 2022. Der Kreis markiert den Standort einer Kaiserpinguin-Kolonie.

© European Commission (Copernicus SENTINEL-2)/BAS/dpa

„Wir haben noch nie gesehen, dass es Kaiserpinguinen in diesem Ausmaß in einer Saison nicht gelungen ist, zu brüten“, sagte Fretwell. Der Verlust an Meereis in dieser Region während des antarktischen Sommers dürfte es sehr unwahrscheinlich gemacht haben, dass Küken überlebt haben.

Extrem geringe Ausdehnungen des Meereises in der Antarktis nahmen in den vergangenen Jahren zu. So wurden die vier Negativ-Rekorde der vergangenen 45 Jahre anhand von Satellitenaufnahmen allesamt seit 2016 verzeichnet. Die niedrigste Ausdehnung wurde in den vergangenen beiden arktischen Sommern festgestellt. „Jetzt, im August 2023, liegt die Meereisausdehnung in der Antarktis immer noch weit unter allen bisherigen Aufzeichnungen für diese Jahreszeit“, sagte Caroline Holmes, eine Polar-Klimaforscherin beim BAS.

Das Team verwendete für die Analyse Bilder der europäischen Copernicus-Satellitenmission „Sentinel-2“, die das Gebiet in der Antarktis seit 2018 kontinuierlich überwacht. (dpa/Tsp)

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