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Nipah-Ausbruch in Indien.

© imago images/Bearbeitung: Tagesspiegel

Nipah-Virus in Indien: Wie wahrscheinlich ist eine Pandemie?

Sechs Menschen infiziert, zwei gestorben: Im indischen Bundesstaat Kerala haben die Behörden Schulschließungen und Kontakbeschränkungen verhängt, um einen Nipah-Virus-Ausbruch einzudämmen.

Im indischen Bundesstaat Kerala gibt es einen Nipah-Virus-Ausbruch. Die Behörden haben bereits Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen verhängt. Droht eine neue Pandemie? Drei Experten ordnen ein. Alle Folgen 3 auf 1 finden Sie hier.

Eine weiträumige Ausbreitung auf Menschen ist unwahrscheinlich

Im Film „Contagion“ stand ein Nipah-Virus Pate für ein Pandemie-Szenario. Über eine Banane, die von einem Flughund angebissen und von einem Schwein gefressen wird, gerät der Erreger in einen Menschen. Beim ersten Nipah-Ausbruch 1998 in Malaysia könnte es so passiert sein, damals infizierten sich 200 Menschen. Jetzt, im indischen Bundesstaat Kerala, haben sich sechs Menschen angesteckt, zwei sind gestorben. In der Region eine Tragödie – dass sich Nipah in Europa verbreitet, ist aber sehr unwahrscheinlich.

Die Flughunde, die das Virus in sich tragen, gibt es hier nicht, und einheimische Fledermäuse sind nicht damit infiziert. Auch eine weiträumige Ausbreitung beim Mensch ist eher unwahrscheinlich: Zwar kann das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen werden, dies findet aber nur in sehr begrenztem Ausmaß, bei engem Kontakt statt. Dennoch: Drastische Maßnahmen wie zurzeit in Kerala sollen sicherstellen, dass der Erreger so wenig Spielraum wie möglich bekommt, sich auszubreiten.


Ausbrüche müssen sofort eingedämmt werden

Wie bei Coronaviren sind beim Nipah-Virus Fledertiere das natürliche Reservoir; in diesem Fall allerdings nicht südostasiatische Hufeisennasen-Fledermäuse (Rhinolophus), son­­dern die mit diesen – nach systematischen Erkenntnissen – sehr eng verwandten Flughunde (Pteropus). Über Urin oder Speichel ausgeschieden, kann dieses Virus auf viele andere Säugetierarten, etwa Schweine, überspringen.

Bei direktem Kontakt mit diesen stecken sich wiederum auch Menschen an, die dann an einer fiebrigen Gehirnentzündung erkranken, die in 40 bis 75 Prozent der Fälle zum Tod führt. Eine Übertragung von infizierten Menschen auf andere ist möglich, wenn auch nur bei engem Kontakt. Und da eine Infektion auch längere Zeit – bis zu 14, mitunter sogar 45 Tage – symptomlos verlaufen kann, besteht durchaus ein wenigstens epidemisches Potenzial dieser Zoonose.

Auch wenn eine echte Pandemie derzeit noch nicht leicht möglich erscheint, müssen die bisher stets lokalen, aber sich wiederholenden Ausbrüche sofort rigoros eingedämmt werden. 


Nipah-Ausbrüche konnten bisher stets eingedämmt werden

Der aktuelle Ausbruch des Nipah-Virus in Indien wird durch den Stamm Bangladesch verursacht. Zwar handelt es sich bei Nipah um RNA-Viren, die gemeinhin höheren Mutationsraten unterliegen als DNA-Viren. Offenbar entwickelt sich Nipah aber relativ langsam weiter. Die beim aktuellen Ausbruch untersuchten Proben zeigen im Vergleich zu früheren Ausbrüchen keine signifikanten Mutationen in der Virussequenz. Dies steht in deutlichem Gegensatz zu Viren wie der Grippe, die sehr schnell mutieren.

Darüber hinaus ist die Mutationsrate allein nicht der Grund dafür, dass ein Ausbruch zu einer Pandemie wird, da auch andere Faktoren wie der Übertragungsweg des Virus eine Rolle spielen. Die Übertragung des Nipah-Virus von Mensch zu Mensch durch Tröpfchen ist zwar möglich, erfordert aber einen sehr engen Kontakt mit einem infizierten Patienten. Daher ist es nicht so leicht übertragbar wie das Coronavirus oder die Grippe.

Seit 1999 kommt es fast jedes Jahr zu Ausbrüchen, die jedoch stets unter Kontrolle gehalten werden konnten. Nipah hat also das Potenzial, sich auszubreiten, das bedeutet aber nicht, dass eine anhaltende Epidemie zu befürchten ist. Der Ausbruch ist derzeit sehr lokal begrenzt und es wurden viele Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen.

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