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Studierende mit und ohne Kopftuch sitzen in einem Hörsaal.

© Ralf Hirschberger / picture alliance / dpa

Schlechte Chancen auf höhere Bildung: GEW stellt „Migrations-Bildungstrichter“ vor

Einer GEW-Studie zufolge haben Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Chancen auf einen Hochschulabschluss – vor allem dann, wenn auch die Eltern nicht studiert haben.

„An allen Schwellen des Bildungssystem sind für Personen mit Migrationshintergrund die Chancen geringer als für solche ohne“, nämlich etwa halb so groß. Zu diesem Schluss kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Soziologen René Krempkow, die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Auftrag gegeben wurde. Als weiterer Faktor käme in dieser Gruppe häufig eine „niedrige soziale Herkunft“ hinzu. Zusammen verringere dies die Wahrscheinlichkeit, einen Hochschulabschluss zu erreichen, deutlich.

Der Titel der Studie „Konzeption und Ergebnisse eines Migrations-Bildungstrichters“ bezieht sich auf das Modell, mit dem in der Sozialforschung die schlechten Chancen von Nicht-Akademiker-Kindern auf höhere Bildung beschrieben werden. Krempkow, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin lehrt, stellt zu Beginn fest, „mit (fast) jeder Qualifikationsstufe im Wissenschaftssystem“ würde die „Chancengerechtigkeit bezüglich Geschlecht und sozialer Herkunft“ in Deutschland geringer.

Als Studierende mit Migrationshintergrund definiert Krempkow all jene, bei denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde. Die Datenlage, inwieweit gerade der Migrationshintergrund als Diskriminierungsfaktor zum Tragen käme, sei bislang schlecht, insbesondere was den Weg bis zur Promotionsphase betreffe.

Studien des Bundes vernachlässigten diese Faktoren, kritisiert Krempkow in der GEW-Studie: Selbst der „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs“, dessen Schwerpunkt Chancengerechtigkeit gewesen ist, hat keine Zahlen zu Wissenschaftler:innen mit Migrationshintergrund und ihrer sozialen Herkunft erhoben. Für die GEW-Studie hat der Soziologe unter anderem die Daten von Bachelor- und Masterabsolvent:innen aus dem Jahr 2012 und 2014 mit Promotionsquoten von 2019 und den jeweiligen Anteil von Studierenden oder Promovierten mit Migrationshintergrund verglichen. Dabei hat er eine durchschnittliche Promotionsdauer von fünf Jahren angesetzt.

Krempkow stellt fest, dass die Quote von Studierenden mit Migrationshintergrund, die es nach dem Abitur bis zu einem Bachelor-Abschluss schaffen, mit 60 Prozent deutlich unter der Übergangsquote von Studierenden ohne einen solchen (82 Prozent) liegt. Weitaus besser sieht es dann beim Übergang vom Bachelor zum Master aus, den schaffen 71 Prozent der Studierenden mit Migrationshintergrund, aber nur 62 Prozent ohne. Ebenso gut startet die Gruppe auf dem Weg vom Master zur Promotion (21 Prozent). Bei den Masterabsolventen ohne Migrationshintergrund sind es 18 Prozent.

Geht man allerdings nach dem Modell des Bildungstrichters, sieht es ganz anders aus: Von 100 Kindern mit Migrationshintergrund erwerben 16 einen Bachelorabschluss, zwölf einen Masterabschluss und zwei promovieren.

„Die Hochschulen müssen Menschen mit Migrationshintergrund besser fördern, Benachteiligungen abbauen und eine wirksame Beschwerdestruktur aufbauen“, erklärte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller am Donnerstag. Neben einer Bafög-Reform müssten „verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft“ und eine „Antidiskriminierungsstruktur“ an Hochschulen geschaffen werden. Angesichts des Fachkräftemangels könne sich das Land „nicht länger ein exklusives Bildungssystem leisten“, betonte Keller.

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