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Transparenz über die Emissionen von Treibhausgasen könnte auch Finanzflüsse durch Investitionen in klimaverträglichere Bahnen lenken.

© Getty Images via AFP/SPENCER PLATT

Verdeckte Emitter: Treibhausgas-Transparenz würde Klimaschutz zugutekommen

Unternehmen weltweit sollen offenlegen, wie viel Treibhausgase sie ausstoßen. Forschende zeigen auf, was das für den Klimaschutz und für Anleger bedeuten könnte.

Forschende stellen sich mit Annahmen über die Zukunft breit auf, um auch unwahrscheinliche Entwicklungen erfassen zu können. Doch manches erscheint als gesetzt. „Es ist schwierig, sich vorzustellen, wie Klimaschutz erfolgreich sein kann, ohne dass er sich auf umfassende verpflichtende Transparenz gründet“, schreibt ein Forschungsteam um Michael Greenstone von der University of Chicago in einem Beitrag zu Klimapolitik im renommierten Fachjournal „Science“.

Nachdem es in Europa ähnliche Vorstöße gegeben hatte, hat die US-Börsenaufsichtsbehörde kürzlich vorgeschlagen, Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, ihre Treibhausgasbilanzen zu veröffentlichen. Dadurch würde auch bezifferbar, welche Schäden sie durch den Klimawandel verursachen. „Es könnte eine öffentliche Diskussion darüber beginnen, wie Unternehmen zum Klimaproblem beitragen“, schreibt das Team um Greenstone. Und dann könnte die Politik Maßnahmen ergreifen, um Marktkräfte für den Klimaschutz wirken zu lassen.

Großes Potenzial, Schäden zu verringern

So weit die Theorie. Doch das Team um Greenstone begründet seine Vorschläge mit einer Analyse von Emissionsbilanzen von rund 15.000 Unternehmen, die in einer globalen Datenbank erfasst sind. Es sind freiwillige Angaben der Unternehmen, die keinerlei Ahndung von falschen Angaben befürchten müssen und zum Teil auch Schätzungen. Das sei eine wichtige Einschränkung der Aussagekraft, schreibt das Team, aber belege auch den Bedarf für verpflichtende und überprüfbare Emissionsangaben.

89
Prozent der globalen, durch Kohlenstoffemissionen verursachten Schäden stammen aus vier Industriezweigen.

Wichtigstes Ergebnis sei die Erkenntnis, dass die Kohlenstoffschäden insgesamt beträchtlich seien, aber auch sehr ungleich verteilt. Im Durchschnitt seien die verursachten Schäden deutlich geringer und der größte Teil, nach der Auswertung 89 Prozent, lässt sich auf wenige energieintensive Wirtschaftsbereiche zurückführen: Versorgungsunternehmen, Werkstoffe, Energie, Transport sowie Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren.

Die sozialen Kohlenstoffkosten müssen sich in einem Preis für Emissionen niederschlagen.

Jan Minx, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, Berlin

Dabei fielen die Bilanzen der Unternehmen innerhalb dieser Bereiche sehr unterschiedlich aus. Für das Team um Greenstone steckt darin Potenzial, Kohlenstoffschäden „bedeutsam“ zu reduzieren. Wenn Unternehmen verpflichtet würden, so viele Emissionen einzusparen, dass sie mit ihrer Bilanz nicht über dem Durchschnitt für den Industriezweig liegen, wären das mehr als 70 Prozent des Gesamtausstoßes.

Schwierige Berechnungsgrundlage

Grundlage der Berechnungen sind die sozialen Kohlenstoffkosten, die pro Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid anfallen. Ihre Bestimmung ist schwierig und der Weltklimarat gibt in seinem letzten Sachstandsbericht keine Spanne an. „Für die heutige Zeit ist die der Studie zugrundeliegende Bandbreite von 50 bis 250 US-Dollar angemessen“, sagt Jan Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin. Die sozialen Kohlenstoffkosten könnten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts aber noch deutlich ansteigen.

Er stimmt den Autor:innen bei den Schlussfolgerungen zu, dass politische Maßnahmen auf zuverlässigen Messungen und Daten des Treibhausgasausstoßes beruhen müssen. Auch, um feststellen zu können, ob sie die gewünschte Wirkung haben. Auf Finanzmärkten könnte die verpflichtende Transparenz positiv wirken, da Anleger künftige Kosten der Unternehmensemissionen berücksichtigen könnten. „Dazu muss die Berechnung der sozialen Kohlenstoffkosten sich aber auch in einem Preis für Emissionen niederschlagen“, sagt Minx. Erst damit würden Investitionen umfassender in klimafreundliche Bahnen gelenkt.

Greenstones Team berichtet aber auch von Studien, die zeigten, dass bereits die Pflicht zur Offenlegung Anreize für Unternehmen setzt, Umwelteffekte einzudämmen. Das sei unabhängig von politischen Vorgaben. „Es gibt eine empirische Grundlage für die Ansicht, dass eine verpflichtende Offenlegung die Unternehmen unter Druck setzen könnte, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren“, schreiben die Forschenden. Das beruhe auf den nicht-finanziellen Präferenzen der Mitarbeiter, Kunden „und vielleicht sogar der Aktionäre“, die die soziale Verantwortung der Unternehmen über die Gewinnmaximierung hinaus erweitern.

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