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Die Pille für den Mann ist von ähnlichen Nebenwirkungen wie bei Frauen geprägt.

© freepik/Bearbeitung Tagesspiegel

Verhütung ist immer noch meist Sache der Frauen: Wo bleibt die Pille für den Mann?

Umfragen zeigen, dass Männer durchaus bereit wären, beim Sex mehr Verantwortung zu übernehmen. Doch Pillen gibt es nur für den Mäusemann. Drei Experten erklären die Lage.

Von
  • Franka Frei
  • Jan Leister
  • Mandy Mangler

Verhütung ist Frauensache – so ist es in der Regel auch heute noch. Dabei zeigen Umfragen, dass Männer durchaus bereit wären, mehr Verantwortung zu übernehmen. Doch außer dem Kondom fehlt es ihnen noch an Möglichkeiten. Wann kommt die Pille oder Spritze für ihn? Drei Fachleute erklären die Lage. Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen.


Die Entwicklung ist aufwendig, teuer und risikoreich

Es scheitert nicht daran, dass Männer keine Verantwortung für Verhütung übernehmen wollen. Vielmehr liegt es an den hohen Hürden für die Zulassung im Bereich von Verhütungsprodukten: Sie werden durch die EU-Medizinprodukteverordnung in die zweithöchste Risikokategorie von Medizinprodukten einsortiert.

Allein um annähernd einen Überblick über alle Anforderungen zu erhalten, mussten wir viel Geld in Berater investieren. Die Anforderungen, bevor klinische Versuche überhaupt gemacht werden können, umfassen rund 15 verschiedene Norm-Prüfungen, eine wissenschaftliche Aufarbeitung aller direkt oder indirekt mit der Wirkungsweise verbundenen medizinischen Teilgebiete sowie weitere Gebühren und Fristen.

Das ist eine immense Herausforderung und wird durch die komplizierte Beantragung von Fördermitteln im Bereich von Medizinprodukten verschärft. Das Risiko durch den hohen Kapitalbedarfs zum „Proof of Concept” führt dazu, dass die Vorhaben auch für Investoren unattraktiv sind. Das lässt Medizin-Start-Ups mit Herausforderungen zurück, die schwierig zu bewältigen sind und hemmt den Fortschritt.


Medizinische Regeln müssen von Geschlechterlogiken entstaubt werden

Die Liste der Nebenwirkungen von Pille und Co. ist lang. Doch was für Millionen Menschen zum Alltag gehört, gilt schnell als unzumutbar, wenn Anwendende nicht weiblich, sondern männlich sind.

Die letzte große Studie zu hormoneller Verhütung für Männer wurde 2011 abgebrochen – aufgrund von Nebeneffekten wie Akne oder Stimmungsschwankungen.

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Es waren jedoch nicht die Probanden, bei denen die Bereitschaft fehlte. Viel mehr beschloss die WHO den Abbruch. In medizinischen Fachbüchern heißt es, Verhütung für den Mann müsse völlig frei von Nebenwirkungen sein, insbesondere was „Einfluss auf Männlichkeit, Libido und Potenz” anbelangt.

Doch haben nicht alle Medikamente auch Nebenwirkungen? Was genau hier mit Männlichkeit gemeint ist, wird auch nicht klar. Gerechtere Verhütung bleibt ein Wunschtraum, sofern medizinische Regelungen nicht von Geschlechterlogiken der 1950er entstaubt werden. Zum Kinderkriegen gehören mindestens zwei und auch Männer profitieren von mehr Optionen zur Zeugungskontrolle.


Vielleicht geht es auch ohne Hormone

Testosteron ist im Magen instabil, weswegen Testorsterongele oder -spritzen eine Alternative sind. Aber betrachtet man hormonelle Verhütung für den Mann, so ist die Kosten-Nutzen-Abwägung anders als bei der hormonellen Verhütung der Frau: Die Frauen wurden schwanger und Schwangerschaften sind mit Risiken behaftet.

Das Risiko der Schwangerschaft wird als ausschlaggebender bewertet: Zumindest kurzfristig sind die Risiken und Nebenwirkungen der Einnahme von Verhütung weniger stark als die Risiken einer Schwangerschaft und nachfolgend produzierter Kinder.

Die Pille für den Mann ist von ähnlichen Nebenwirkungen wie bei Frauen geprägt. Und auch ein vorbestehender Prostatakrebs oder Bluterkrankungen wären eine Kontraindikation einem Mann hormonelle Mittel zu verschreiben.

Aber vielleicht geht es ohne Hormone: Forscher:innen haben eine Pille entwickelt, die die Spermienreifung- und Beweglichkeit hemmt, in dem das Protein Adenylylzyklase gehemmt wird – aber erstmal nur beim Mausemann. Ein neuer Schritt auf dem Weg zur nötigen pharmakologische Verhütung für Männer.

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