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AhA: Warum hat der Ohrwurm eine Zange?

Seit diese flauschigen Wattestäbchen im Bad liegen, ist mein Glaube an die Selbstreinigungskräfte des Ohrs erschüttert. Muscheln voller Talg!

Seit diese flauschigen Wattestäbchen im Bad liegen, ist mein Glaube an die Selbstreinigungskräfte des Ohrs erschüttert. Muscheln voller Talg! Gesteuert durch das Gen ABCC11, erzeugen die Schmalzdrüsen im Ohr ein Gemisch aus Fettsäuren, Cholesterin und anderen Stoffen. Aber das Ohrenschmalz hat auch eine schützende Funktion. Schon seinetwegen würde sich kein Ohrwurm bei uns einquartieren. Der Alptraum: Das mit Zangen bewehrte Insekt kriecht nachts in unser Bett, krabbelt in den Gehörgang und beißt sich durchs Trommelfell. Aber keine Angst! Der Ohrwurm mag zwar enge, warme Röhren, doch ihm und anderen Parasiten bekäme das bittere Ohrenschmalz nicht.

Die Zangen an ihrem Hinterteil wissen Ohrkneifer freilich gut zu gebrauchen. Manche Arten jagen kleine Insekten wie Raupen oder Asseln. Sie schnappen die Beute mit den Zangen und führen sie zu den Mundwerkzeugen, wobei sie ihren langen, beweglichen Hinterleib weit nach vorne biegen.

Ohrwürmer benötigten die Zangen auch, um ihre Flügel zu entfalten, so Fabian Haas vom International Centre of Insect Physiology and Ecology in Nairobi. Ihre Vorderflügel sind kurz und verhärtet. Doch dank ihres hinteren Flügelpaars können etliche Arten durchaus fliegen.

Flugtauglich sind sie nur, weil die Flügel groß genug sind. „Große Flügel stören aber, wenn man sich verkriechen will.“ Der in Mitteleuropa heimische Gemeine Ohrwurm lebt tagsüber versteckt unter Laub und Rinde und geht meist nachts auf Nahrungssuche.

„Ohrwürmer und Käfer falten ihre Flügel zur Erhöhung der eigenen Beweglichkeit zusammen.“ Wollen sie fliegen, müssen die in vielen Lagen übereinandergelegten Hinterflügel vorsichtig ausgebreitet werden. Mit ihren Zangen holen Ohrwürmer die zarten Flügel hervor und glätten sie – ein mühsames Geschäft. Die Insekten fliegen entsprechend selten.

Auch bei der Paarung kommen die Zangen zum Einsatz. Das Männchen schiebt seinen Hinterleib unter den des Weibchens, manchmal hebt es die Partnerin bei der Begattung mit der Zange ein bisschen an. Nach der Eiablage bleiben die Weibchen dann beim Nachwuchs – und verteidigen ihn notfalls mit ihren spitzen Zangen. Thomas de Padova

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