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Geschafft: Dieser Kuckuck wird in einem Drongonest aufgezogen.

© Mairenn Collins-Attwood

Wildwechsel: Kuckuckseltern machen die Rechnung mit dem Wirt

Trauerdrongos verteidigen ihre Nester vehement. Für Kuckucke macht sie das zu begehrten Zieheltern. Stoff für einen evolutionären Wettstreit.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Der Trauerdrongo ist kein Caruso. Der Gesang der im südlichen Afrika weit verbreiteten Vögel der Art Dicrurus adsimilis ist laut einschlägiger Bestimmungsliteratur „ein lang gezogenes Schwafeln und eine eher grobe Mischung nasaler und metallischer Töne, die weder klar noch rein sind“. Mit schwarzglänzendem Gefieder kommen Drongos auch optisch eher schlicht daher. Aber sie haben eine andere Stärke – und das haben auch Kuckucke erkannt.

Drongos verteidigen ihr Nest vehement und schrecken dabei auch nicht vor überlegenen Gegnern wie Habichten oder Schlangen zurück. Sobald ein potenzieller Nesträuber der Brutstätte zu nahe kommt, wird er aggressiv attackiert. Afrikanerkuckucke der Art Cuculus gularis geben sich mit ihrem Federkleid zwar auch als Habichte aus. „Mimikry“ lautet der Fachbegriff für diese Raubvogelanmaßung. Sie mag ihre Vorteile haben oder andere Tiere abschrecken, aber nicht die Drongos.

Attacke! Ein Drongo greift eine Schlangenattrappe in Nestnähe an.

© Claire Spottiswoode

Ein Forschungsteam um Mairenn Attwood und Claire Spottiswoode von der University of Cambridge hat die Verteidigungslust der Tiere in Sambia mit verschiedenen Attrappen auf die Probe gestellt: harmlosen Tauben einerseits sowie für Küken und Eier gefährlichen Schlangen-, Kuckucks- und Habichtsnachbildungen andererseits – zuverlässig mit für Nesträuber aller Arten abschreckendem Ergebnis, wie sie im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ berichteten.

Drongos brüten meist nur einmal im Jahr. Sobald die Küken schlüpfen, werden Schlangen in Nestnähe noch aggressiver angegriffen. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Kuckucke ihre Eier bevorzugt früh ins Brutgeschäft einschleusen und nach dem Schlupf nicht mehr als so große Bedrohung angesehen werden wie zuvor. Die Intensität der Attacken auf Kuckucke ist dagegen zur Zeit der Eiablage maximal ausgeprägt. Drongos haben Kuckucke auf dem Kieker.

Ein Drongo singt, oder äußert zumindest Laute.

© Mairenn Collins-Attwood

Die Operation Eiablage im Drongonest ist für diese also besonders schwierig. Die Weibchen riskieren, verletzt zu werden. Dennoch hat sich der Brutparasit auf die Drongos als einzige Wirte festgelegt. Mit Erfolg, so paradox das klingen mag: In bis zu jedem zehnten Nest ziehen Drongos einen Kuckuck auf.

Diese Spezialisierung könnte sogar von dem Gezeter begünstigt worden sein, mit dem Drongos ihre Nester verteidigen: Es verriet Afrikanerkuckucken einerseits vielleicht eher als bei anderen Vögeln, wo Drongonester sind. Andererseits garantiert es möglicherweise auch jedem Kuckucksei und später -küken, das es in ein Nest schafft, besonderen Schutz. Die besten Kuckuckseltern wären dann die, die sich am vehementesten dagegen wehren, welche zu werden.

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