zum Hauptinhalt
Zwei Hinterteile von Megasyllis nipponica-Würmern, ein männliches (oben) und ein weibliches (unten), nach der Trennung der ursprünglichen Körper.

© dpa/Toru Miura

Hintern mit Hirn: Meerestier entwickelt bizarres System zur Fortpflanzung

Der hintere Körperteil eines Meeresbewohners wird mit vier Augen, Fühlern und Gehirn zur Fortpflanzung abgetrennt. Forschende haben nun den Mechanismus dafür entdeckt.

Die Partnersuche ist manchmal sehr riskant, vor allem in der Tierwelt. Da kann man schnell zur Beute eines Feindes werden. Japanische Forscher sehen darin den Grund für die ungewöhnliche Entwicklung des japanischen Borstenwurms Megasyllis nipponica.

Wie das Forscherteam um Toru Miura von der Universität Tokio jetzt im Fachmagazin „Scientific Reports“ schreibt, entwickelt der bis zu neun Zentimeter lange Meereswurm an seinem Hinterende einen Kopf mit zwei Augenpaaren, Fühlern, Schwimmorganen und einer Art Gehirn, mit dem er selbstständig fühlen und handeln kann. Das Anhängsel verfüge sogar über einen einfachen Verdauungstrakt und löse sich schließlich gefüllt mit Eiern oder Spermien vom Körper ab, um sich auf Partnersuche zu begeben.

Ein Megasyllis nipponica Wurm mit einem sich entwickelnden weiblichen Hinterteil.
Ein Megasyllis nipponica Wurm mit einem sich entwickelnden weiblichen Hinterteil.

© dpa/Nakamura et al 2023

Als Grund für diese bei Lebewesen einzigartige und eher ungewöhnliche Entwicklung sehen die Forschenden zum einen eine größere Verbreitung des Erbmaterials für die Fortpflanzung. Zum anderen wird das Muttertier nach Ansicht des Teams dadurch bei der manchmal gefährlichen Partnersuche geschützt. Ein Verfahren, das die bestmögliche Verbreitung garantiert, denn die Würmer können mehrfach Ausläufer bilden, die ihre Gene in die Welt tragen.

Den japanischen Forschenden ist es nun erstmals gelungen, dieses faszinierende Phänomen durch sorgfältige histologische und morphologische Beobachtungen genauer zu erklären. Demnach beginnt die Entstehung des neuen Teilwurms mit der Reifung der Keimdrüsen am hinteren Ende des Körpers. Danach bildet sich ein Kopf, bald darauf Sinnesorgane wie Augen und Fühler und schließlich Schwimmborsten. Bevor sich das Anhängsel ablöst, entwickelt es Nerven und eine Art Gehirn, um selbstständig fühlen und handeln zu können.  

Typischerweise werden die Gene für die Kopfbildung bei den meisten Tierarten in der Körpermitte nicht so stark exprimiert. Während der Entwicklung der Keimdrüsen werden die Gene für die Kopfbildung bei diesen Würmern jedoch stark in der Mitte des hinteren Endes des ursprünglichen Körpers exprimiert.

„Das zeigt, wie normale Entwicklungsprozesse modifiziert werden, um sich an die Lebensgeschichte von Tieren mit einzigartigen Fortpflanzungsstilen anzupassen“, erklärt Toru Miura. Die Forschenden vermuten, dass der Kopf am hinteren Ende des Körpers gebildet wird, um das Laichverhalten für die Fortpflanzung zu steuern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false