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Andrea Nahles ist Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit.

© Amin Akhtar

Andrea Nahles über Fachkräftemangel in Berlin : „Ich kann mir die jungen Leute auch nicht backen“

Beim wirtschaftspolitischen Frühstück spricht die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit über den Fachkräftemangel. Der gilt als das drängendste Unternehmer-Problem der Zeit.

Andrea Nahles soll mal als Berufswunsch angegeben haben, Hausfrau oder Bundeskanzlerin werden zu wollen. Aus beidem ist nichts geworden. Stattdessen ist sie nun Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA). In dieser Funktion steht sie am Dienstagmorgen beim jährlichen wirtschaftspolitischen Frühstück der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin im Ludwig Erhard Haus am Rednerpult. Vor ihr sitzen Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Hauptstadt und hören zu, was sie zu ihrem drängendsten Problem zu sagen hat: dem Fachkräftemangel.

Dabei beginnt Nahles mit einer Entwicklung, die sich seit einigen Monaten verschärft. Nicht nur der Arbeitskräftemangel steigt nämlich kontinuierlich: Auch die Arbeitslosenquote tut es. Besonders in Berlin. Im August lag sie bei 9,4 Prozent.

Das Berufswahlspektrum ist zu eng.

Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für über Arbeit

Dass Menschen in Deutschland erfolglos nach Jobs suchen, obwohl vielerorts dringend Personal gebraucht wird, kann Nahles schnell erklären: „Wir sind seit drei Quartalen in der Rezession“. Zudem seien 50 Prozent der Arbeitslosen auf der Suche nach einer Helfertätigkeit, aber nur ein Fünftel der gemeldeten Stellen fielen in den Bereich.

Junge Menschen kennen zu wenige Berufe

Als Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel rät Nahles zu einer intensiveren Berufsberatung von jungen Menschen. „Das Berufswahlspektrum ist zu eng.“ Außerdem appelliert die frühere SPD-Vorsitzende und Arbeitsministerin, flexiblere Zeitmodelle für Frauen zu schaffen, damit sie beispielsweise statt 20 künftig 30 Stunden arbeiten könnten.

Zusätzlich könnten einige Personallücken schon bald durch Automatisierungen geschlossen, Menschen also von Maschinen ersetzt werden. Auch die Fachkräftezuwanderung sei Nahles zufolge eine mögliche Maßnahme, wobei sich im Saal alle einig zu sein scheinen, dass diese deutlich zu vielen bürokratischen Hürden unterliegt.

Andrea Nahles und Jan Eder im Gespräch.

© Amin Akhtar

Nahles spricht auch darüber, dass in Berlin mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden müssten, da es hier, anders als im bundesweiten Trend, zu wenig Stellen für zu viele Bewerber gibt. Was Nahles zufolge auch daran liegt, dass in der Hauptstadt etliche kleine Betriebe und Start-ups ansässig seien, die nicht ausbildeten. Das müsse sich ändern.

Die geplante Ausbildungsplatzumlage, die das Problem lösen soll, findet Jan Eder, Geschäftsführer der IHK Berlin, jedoch einen falschen Ansatz. Im anschließenden Gespräch mit Nahles auf der Bühne beschwert er sich über das Vorhaben des Senats, Betriebe, die nicht ausbilden, eine Umlage zahlen zu lassen für Betriebe, die es tun.

Nahles, die als BA-Chefin mit der Ausbildungsplatzumlage konkret nichts zu tun hat, rät hingegen, auch jungen Menschen eine Chance zu geben, die womöglich nicht auf den ersten Blick ideal ins Anforderungsprofil passten. Sonst sei das „Missmatch“ – dass viele Kandidaten in Berlin sich auf die gleichen Stellen bewerben und andere kaum Nachfrage haben – nicht aufzulösen. „Ich kann mir die jungen Leute auch nicht backen“, sagt sie, was im Raum zu Gelächter führt. So geht es hier wohl allen.

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