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Der Sitz des DGB vor dem Wittenbergplatz, links im Bild das KaDeWe.

© Alfons Frese

DGB bezieht neues Haus am KaDeWe: Ein Blick hinter die Kulissen des neuen Hans-Böckler-Hauses in Schöneberg

Der neue Büroturm ersetzt das historische Gewerkschaftshaus aus den 1960er Jahren und bietet Platz für 350 Arbeitskräfte. Neben dem Bundesvorstand und dem Landesbezirk ist Platz für weitere Mieter.

Aus dem 12. Stockwerk hat Yasmin Fahimi einen hübschen Blick über die City West, zum KaDeWe sind es nur 150 Meter. Wie es sich für eine Chefin gehört, steht ihr Schreibtisch ganz oben. Vor ein paar Wochen ist die DGB-Vorsitzende mit 230 Mitarbeitenden vom Hackeschen Markt nach Schöneberg gezogen, in einen schlanken Büroturm an der Kleiststraße/Ecke Keithstraße, wo bis vor fünf Jahren ein Gewerkschaftshaus aus den 1960er Jahren stand.

Das neue Hans-Böckler-Haus, benannt nach dem ersten DGB-Vorsitzenden (1949-1951), bietet neben dem Bundesvorstand und dem DGB-Landesbezirk Berlin-Brandenburg mit etwa 35 Beschäftigten auch Platz für weitere Mieter. Bis zu 350 Arbeitsplätze seien möglich, heißt es beim DGB. Der Vermieter, die Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft (VTG) des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ruft fast 35 Euro für den Quadratmeter auf. Knapp 15.000 Quadratmeter stehen insgesamt zur Verfügung, allein 9400 belegt der Bundesvorstand des DGB, der von den Mitgliedsbeiträgen der acht Einzelgewerkschaften finanziert wird.

Kleinbüro statt Großraum

Zu den Baukosten möchte sich der Dachverband nicht äußern, früheren Berichten zufolge lag die ursprüngliche Kalkulation bei etwa 80 Millionen Euro. Das war vor Corona, Lieferengpässen und drastisch steigenden Materialpreisen. „Die Investition wird sich bereits mittelfristig lohnen“, teilt der DGB mit. Dazu tragen schon die steigenden Mieten bei.

Katja Karger ist Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg.

© Transitfoto/Chr. v. Polentz

Katja Karger, die Landesvorsitzende in Berlin-Brandenburg, sitzt gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Nele Techen in einem Büro. Die beiden sind rumgekommen in den vergangenen Jahren, vom alten Standort in Schöneberg ging es erst in ein Ausweichquartier in den Wedding und dann nach Mitte. Jetzt ist der regionale DGB wieder am alten Standort, im neuen Gebäude und zu einer deutlich höheren Miete als zuvor. Die Mitarbeitenden haben sich für Zweierbüros entschieden, anders als die Kolleginnen und Kollegen des Bundesvorstands, deren Wunsch nach Einzelzimmer respektiert wurde.

So kommt die Zahl von 350 Büros zustande, dazu Sitzungsräume und zwei Säle. Für größere Veranstaltungen gibt es im Erdgeschoss und somit anschließend an das luftige, fünf Stockwerke hohe Atrium, den Maria-Weber-Saal. Bei der Benennung der Räume wurde dem Prinzip der (überparteilichen) Einheitsgewerkschaft gefolgt: Weber, von 1972 bis 1982 stellvertretende DGB-Vorsitzende, gehörte der CDU an, der Saal im zweiten Stock ist nach dem SPD-Politiker und DGB-Vorsitzenden Willi Richter (1956-1962) benannt.

Eine Reaktion auf die Mauer

Die Geschichte des DGB nach dem Zweiten Weltkrieg ist auch eine Geschichte der Immobilien. Der Bundesvorstand entschied im Sommer 1961 kurz nach dem Beginn des Mauerbaus, aus politischen Gründen ein Gewerkschaftshaus in West-Berlin errichten zu wollen. Noch Ende der 1950er Jahre hatte die in Düsseldorf ansässige DGB-Spitze die Bitte der West-Berliner Gewerkschaften abgelehnt: auf „absehbare Zeit“ sei ein Neubau finanziell für den Dachverband der Gewerkschaften nicht zu stemmen. Doch dann machte es die Mauer möglich.

Willy Brandt bedankt sich damals

Am 23. August 1961, zehn Tage nach dem Mauerbau, wurde symbolisch der Grundstein gelegt an der Kleiststraße/Ecke Keithstraße. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt (SPD) bedankte sich bei den Gewerkschaften für die Solidarität mit der abgeschnittenen Stadt und ihr Vertrauen in die Zukunft West-Berlins.

350
Büros gibt es in dem neuen DGB-Gebäude

Aber erst ein Jahr später, „anlässlich des Jahrestags der Errichtung der Schandmauer“ (DGB), beschloss im August 1962 der DGB-Vorstand sechs Millionen D-Mark für den Neubau bereitzustellen. Zwei Jahre darauf wurde das Haus als „eine Stätte freien und unerschrockenen Menschentums“, wie der DGB-Vorsitzende Ludwig Rosenberg im Mai 1964 formulierte, eingeweiht. 2018 wurde das Gebäude abgerissen.

Nach dem Fall der Mauer quälte sich der DGB, der sich wie die Bundespolitik am Rhein gut aufgehoben fühlte, mit Umzugsplänen. Ende der 1990er Jahre war dann die Zeit reif und der Dachverband zog an die Spree; fast zeitgleich mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft, die sich ein „Haus der deutschen Wirtschaft“ an der Mühlendammbrücke in Mitte bauten. Ein Vierteljahrhundert später hat nun auch der DGB sein eigenes Haus in der Hauptstadt. Auf historischem Grund.

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