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Stefan Franzke ist der Geschäftsführer Wirtschaftsförderagentur Berlin Partner.

© Berlin Partner/Wolf Lux

Mein erster Job: Darum aß Stefan Franzke jahrelang keinen Fleischsalat

Der Chef von Berlin Partner hat sein erstes Geld mit 14 verdient als Austräger eines Anzeigenblattes. Danach packte er im Lager eines Feinkostbetriebs Paletten mit Fleischsalat und Tiefkühl-Lachs.

Eine Kolumne von Stefan Franzke

Der NDR schrieb über den Winter 1978/1979: „Die Schneekatastrophe im Jahrhundertwinter“ – es sei ein Wintereinbruch gewesen, den diejenigen, die ihn erlebt haben, wohl nie vergessen werden. Rotes Kreuz, Bundeswehr, Technisches Hilfswerk und Feuerwehr waren „im Dauereinsatz“. Auch dabei: ich. Straßenwärter waren nämlich auch im Dauereinsatz und mein Vater, der die Straßenmeisterei in Sarstedt im Lankreis Hildesheim leitete, gehörte dazu.

Meine Mutter kochte für die Straßenwärter und der achtjährige Stefan schob im Jahrhundertwinter Telefondienst. Ich nahm die Schadensmeldungen von Polizei und Feuerwehr am Telefon auf und gab sie über Funkgerät an die Wärter weiter. Geld gab es für meinen allerersten Job natürlich nicht, aber in der Tat: Diesen Winter werde ich wohl nie vergessen.

In unserer Serie berichten uns Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaft in loser Reihenfolge über ihre ersten Jobs als Schüler oder Studenten.  

© Tagesspiegel

Das erste Geld habe ich dann später, mit 14 Jahren, mit dem Austragen des Sarstedter Käseblatts verdient, einem Anzeigenblatt, das natürlich anders hieß, aber dessen wirklicher Name nicht halb so leicht zu merken war. Später kamen dann auch andere Magazine dazu: Bravo, Hörzu und ein paar Schlüsselloch, eine Bravo für Erwachsene – die Älteren werden sich erinnern.

Fürs Sarstedter Käseblatt gab es pro Exemplar ein paar Pfennige, für die Magazine, die die Abonnenten an der Tür bezahlen mussten, bekam ich nicht viel mehr. Hin und wieder gab es auch mal ein Trinkgeld: zum Beispiel, wenn ein Abonnent gerade kein Geld hatte, um seine Zeitschrift zu bezahlen und ich sie ihm trotzdem überließ, weil er versprach, sie in der nächsten Woche zu bezahlen. Die großzügigsten Trinkgelder gab es übrigens in den Plattenbauten der Sozialsiedlungen und nicht in den großen Villen der niedersächsischen Provinz.

Jobben im Feinkost-Laden

In den Sommerferien 1984 war der Plan, nach Norwegen zu fahren. Dafür wollte ich mir die Ferienkasse aufbessern. Also bin ich losgestiefelt und habe ich der Nachbarschaft – die Straßenmeisterei, auf deren Gelände wir in einer Dienstwohnung lebten, lag am Rande eines Industriegebiets – nach einem Job gefragt. An der ersten Tür, einem Metallbetrieb, wurde ich wieder weggeschickt. Aber schon beim zweiten Versuch, bei Feinkost-Nadler, hat es geklappt.

Hier habe ich zwei Wochen lang Paletten gepackt: Mayonnaise, Fleischsalat, Kartoffelsalat und Tiefkühllachs. Die Supermärkte haben Bestellzettel ausgefüllt, mit denen bin ich durchs Lager gerannt und habe die Artikel zusammengesucht. Dafür gab es gutes Geld, dass ich in Norwegen wieder unter die Leute gebracht habe.

Ich habe zu viele Mitarbeiter gesehen, die sich nach dem Toilettengang nicht die Hände gewaschen haben.

Stefan Franzke, Chef von Berlin Partner

Allerdings habe ich danach jahrelang keinen Fleischsalat mehr gegessen. Ich habe zu viele Mitarbeiter gesehen, die sich nach dem Toilettengang nicht die Hände gewaschen haben. Auch die tiefgekühlten Lachse sind schon mal wieder angetaut ins Kühlhaus zurückgegangen, wenn man sich irgendwo verzählt hatte.

Zeitung auszutragen und Paletten zu packen sind keine Tätigkeiten, die mich auf meinen Beruf als Wirtschaftsförderer besonders gut vorbereitet haben. Aber sie haben mich doch geprägt. Das Gefühl, zum ersten Mal Verantwortung übertragen zu bekommen und sei es nur für die Zustellung des Sarstedter Käseblatts, die Zufriedenheit, eine Palette fertig gepackt, etwas geschafft zu haben – all das begleitet mich bis heute.

Und bis heute höre ich immer wieder, dass es meistens das Sinnstiftende ist, was Menschen antreibt – bei der Arbeit, beim Gründen, beim Scheitern, beim Erfolghaben. Egal, ob als Achtjähriger am Telefon oder als Achtzigjähriger im Ruhestand.

In unserer Serie berichten uns Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaft in loser Reihenfolge über ihre ersten Jobs als Schüler oder Studenten.  

© Tagesspiegel

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