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Wahlplakat der Linken zur Wiederholungswahl 2023.

© Linke Berlin

Podiumsdiskussion: Wie geht’s weiter für die Kultur?: Bizarre Fragen und viel Klein-Klein

Am 12. Februar wird in Berlin gewählt. Was das für die Kultur bedeutet, diskutierten am Mittwochabend einige der kulturpolitischen Sprecher:innen im CLB Berlin.

Das Gute an der Wahlwiederholung in Berlin ist, dass die Bürger:innen nicht fünf Jahre warten müssen, bis sie ihre Zufriedenheit mit der geleisteten Arbeit der Politik ausdrücken dürfen. Ob die Politiker:innen das genau so dufte finden, sei dahingestellt. Aber gerade, wenn es um die Kultur geht, kann eigentlich gar nicht oft genug Zwischenbilanz gezogen werden, so viele Baustellen gibt’s hier bekanntlich – von der Raumknappheit übers Humboldt Forum bis hin, na klar, zum Geld.

Im CLB Berlin im Aufbauhaus sind nun auf Einladung des „Forum Zukunft Kultur“ (eine Initiative der Stiftung Zukunft Berlin) fast alle kulturpolitischen Sprecher:innen der demokratischen Parteien angetreten, um miteinander – und mit dem Publikum – ein paar Brennpunktthemen vor der Wahl zu diskutieren und idealerweise gleich noch Visionen fürs bessere Morgen zu entwerfen.

Wenngleich der CLB-Gründer Sven Sappelt in seiner Eröffnungsansprache mit berechtigter Düsternis anmahnt, neue Ideen seien „leider nicht immer willkommen“ und der größte Feind des Menschen sei oft „die eigene Behäbigkeit“. Eine absolut passende Einstimmung auf einen kulturpolitischen Abend in Berlin.

Wer schließt dem Laienchor auf?

Auf dem Podium sitzen drei Vertreter:innen von Parteien mit Regierungsverantwortung – Daniela Billig (Bündnis 90/Die Grünen), Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) und Manuela Schmidt (Die Linke) – sowie als einsamer Oppositioneller Robbin Juhnke von der CDU. Der FDP-Kollege Florian Kluckert hat aus nicht näher genannten Gründen abgesagt.

Durch den Abend führt Christophe Knoch, lange Jahre Vorkämpfer der Koalition der freien Szene, mittlerweile im Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin. Ein Mann mit unbestreitbarer Expertise auf allen Kulturfeldern, der als Moderator aber auch nicht verhindern kann, dass der Abend oft den klassischen Verlauf politischer Diskussionsveranstaltungen nimmt: Sie starten mit den großen Grundsatzfragen. Und enden im Klein-Klein.

Beispiel: Räume. Anemone Vostell (Gründerin BAM! Berlin Art Management) beginnt mit einem flammenden Impulsvortrag über die anhaltenden Sellout- und Verloftungs-Tendenzen der Hauptstadt, denen aktuell zum Beispiel ein Studio wie Laborgras zum Opfer fällt.

In der Runde der kulturpolitischen Sprecher:innen werden im unmittelbaren Anschluss noch bedenkenswerte Fragen aufgeworfen (Stichwort: Wie ist es eigentlich um die Kulturraum Berlin GmbH bestellt?), es fliegen Großbegriffe wie „Stadtentwicklungsplan“ oder „Kulturförderplan“ durch die Luft.

Aber nur wenige Beitragsschleifen später dreht sich die Diskussion bereits darum, wie man mehr Hausmeister dazu bekommt, doch mal dem Laienchor die Schulaula aufzuschließen.

Wer will mal ins Schloss schauen?

Beispiel: Humboldt Forum. Der leider nur namentlich anwesende Kultursenator Klaus Lederer hat ja kürzlich verlauten lassen, die Berliner Präsenz in diesem Bau sei nicht in Stein gemeißelt („es bleibt zu klären, ob es für das Land Berlin dort zukünftig einen Platz gibt“). Was den am Humboldt Forum interessierten Teil der Stadt durchaus aufgeschreckt hat.

„Berlin als Akteur gehört in dieses Gebäude“, formuliert SPD-Frau Kühnemann-Grunow dazu konsensfähig (uneinig ist sie sich die Runde nur in der Frage, ob die Ausstellung „Berlin Global“ misslungen oder insgesamt ganz okay sei). Aber wie und womit Berlin Präsenz zeigen soll, bleibt im Ungefähren. Die Grüne Billig regt derweil an, die Freiflächen vor dem Schloss schöner zu gestalten, damit mehr Menschen überhaupt „Lust bekommen, auch mal reinzuschauen“.

Wer will noch Geld vom Bund?

Eine nachgerade bizarre Wendung nimmt der immerhin thematisch klar strukturierte Abend mit dem dritten Tagesordnungspunkt. Er trägt die bedrohlich raunende Überschrift: „Einverleibung durch den Bund mittels Geld“.

Aus der Rubrik „Was macht eigentlich…?“ wurde Alice Ströver eingeladen, die per Impulsvortrag eine in ihren Augen besorgniserregende Tendenz der vergangenen 30 Jahre skizziert: immer mehr Einrichtungen in Berlin werden vom Bund finanziert (bis hin zum Filmmuseum!), wobei es an Transparenz fehle („Wer die beste Lobby hat, kriegt Geld“).

CDU-Mann Juhnke schaltet sich ein: „Ich darf höflich erinnern: Vor 30 Jahren hatten wir eine Wiedervereinigung und Berlin wurde Hauptstadt“. Aus dem Publikum meldet sich eine Frau, die „das Grauen befällt“ bei dem Gedanken, mehr Kulturinstitutionen könnten in Berlins dysfunktionale Hände gelegt werden.

Klar, auch bei diesem Thema gäbe es ernsthaften Diskussionsbedarf, an den Christophe Knoch erinnert: Was zum Beispiel mit den Strukturen geschehen soll, die durch die „Neustart Kultur“-Millionen des Bundes als Pandemie-Hilfe temporär geschaffen wurden – die Berlin aber nicht dauerhaft tragen kann. Darauf mag aber niemand so recht einsteigen. Vielleicht ein andermal. Die nächsten Wahlen kommen bestimmt.    

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