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Tagesspiegel-Autor Robert Ide zu Besuch bei der „Moron“-Redaktion in Pankow

© Redaktion „Moron“

Beste Schülerzeitung Berlins: Die „Moron“ aus Pankow zeigt Vielfalt und Farbe einer Schule

Die Redaktion locker und konzentriert, ihre Ideen gewagt und gewitzt: In der Tradition des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums zeigt das junge Magazin die großen Gesellschaftsthemen auf. Würdigung von einem, der hier selbst mal Zeitung gemacht hat.

Wie bunt darf Journalismus sein? So vielfältig in Farbe und Form wie das Leben es hergibt, gerade in einer lebendigen Schule. Mit der „Moron“ vom Carl-von-Ossietzky-Gymnasium ist die bunteste, vielfältigste und nebenbei auch schlaueste Schulzeitung zum besten jungen Medium von Berlin gekürt worden. Eine Überraschung ist das nicht – erst recht nicht, wenn man die Redaktion in Pankow besucht.

Gedichte, Collagen und Interviews vor dem Schultor

20 Abiturientinnen und Abiturienten diskutieren nachmittags so strukturiert wie locker ihre Themen und machen kurz vor Redaktionsschluss sogar nachts durch: Sie planen Interviews, laden Gäste ein – und nutzen die gesamte Kreativität ihrer großen Schule, um noch Gedichte, Collagen und witzige Umfragen für ihr Blatt einzufangen.

Bei den Redaktionstreffen wird viel gelacht, aber auch aufmerksam geplant – und die Chefinnenredaktion um Carla Siepmann (die inzwischen schon für den Tagesspiegel schreibt und Berliner Spitzenpolitiker interviewt) sowie um Hannah Reschke, Antonia Heinlein und Sophie Höpfner bringt allen Mitmachenden noch ein paar Kekse zur Aufmunterung mit. So bunt kann das Leben sein nach Schulschluss in der Schule. Schon das kann man von der „Moron“ lernen.

„Wie sehr stecken wir im System?“ Die aktuelle Ausgabe der „Moron“.

© Robert Ide

Was dabei rauskommt? Ein fast 70-seitiges Magazin, von dem sich manches in Erwachsenheit erstarrtes Journalismus-Produkt einiges abgucken könnte. Die letzte Ausgabe aus vielen jungen Händen stellte nicht weniger als eine Grundsatzfrage: „Wie sehr stecken wir im System?“ Im Heft wird erzählt von alternativen Gesellschaftsmodellen und dem fragilen Gleichgewicht eines Bienenstaates, Hacker berichten vom Austricksen von Computersystemen und ein Schulforscher erklärt die Paradoxie des Schulsystems (er versucht es zumindest).

Und die Redaktion geht auch diesmal wieder raus vors Schultor, um das Leben zu erkunden: Sie befragt eine Tierpflegerin und einen Feuerwehrmann zu ihren Arbeitsbedingungen oder beschreibt in einer Reportage, wie man flugs das System wechselt – indem man mal mit seiner Schwester das Zimmer tauscht.

Eine Wandzeitung löste an der Schule einst einen DDR-weiten Skandal aus

Mit ihren gesellschaftskritischen Einwürfen und gewitzten Einfällen steht die „Moron“ gleich in zwei Traditionen des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums, das von jeher einen kritischen Geist pflegt. Eine Wandzeitung mit Kritik an Militärparaden löste einst einen DDR-weiten Schulskandal aus, der höchste Staatskreise beschäftigte und zum Rauswurf von Schülerinnen und Schülern führte – ein Fanal für den Jugendwiderstand gegen die SED-Diktatur.

Das Carl-von-Ossietzky-Gymnasium hat eine Tradition des kritischen Geists.

© Robert Ide

Und auch nach Revolution und Mauerfall gab es hier viele Zeitungen von Schülerinnen und Schülern, die den Neuaufbruch schreibend erforschten – unter anderem die „Sakral-Thrombose“, bei der ich mich als Jugendlicher selbst journalistisch ausgetobt habe. Wie damals lebt die junge Zeitung davon, die Vielfalt der Schülerschaft, die besondere Geschichte der Schule und die Buntheit des jugendlichen Lebens zusammenzuschmeißen.

Wir sind alle Pflanzen, wir brauchen Sonne.

Eine Schülerin des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums

Der „Moron“ gelingt das, weil auch ihre journalistischen Formen vielfältig sind: Es gibt Filmrezensionen (natürlich von „Systemsprenger“), Fragebögen mit Antworten von Schülerinnen und Lehrern, ein buntes Sneakers-Puzzle und bislang geheime Tipps zum Abschreiben bei Klassenarbeiten.

So zeigt das Magazin, was Schule bei allem organisatorischen Chaos immer ist: Lebensraum, Traumfabrik, soziale Auftankstelle. Oder wie es eine Schülerin auf der liebevoll gestalteten Seite mit den witzigsten Schulhof-Sprüchen sagt: „Wir sind alle Pflanzen, wir brauchen Sonne.“

Die Sonne des Journalismus ist immer die Neugier. In der „Moron“ leuchtet sie bunt und scheint weit über Pankow hinaus.

Preisträger:innen

Gymnasien

  • Moron — Carl-von-Ossietzky-Gymnasium
  • Der Zeppelin — Eckener Gymniasum
  • PaulsenBrot — Paulsen-Gymnasium Berlin

Grundschulen

  • Kiezwelt — Humboldthain-Grundschule
  • Die Zwiebel — Elisabeth-Abegg-Grundschule
  • La Voz de Papel — Hausburgschule

Integrierte Sekundarschule

  • Eiffel-News — Gustave-Eiffel-Schule
  • Volle Kanne — Reinhold-Burger-Schule

Oberstufenzentren

  • RAUSCH — Ostrom-Humboldt Oberstufe
  • Anna-Freud-Culture — Anna-Freud-Schule

Gemeinschaftsschulen

  • Fürst News — Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule
  • SCHNIPSEL — Campus Hannah Höch
  • Don’t LOOK away — Alternativschule Berlin

Förderschulen

  • Das Mummelblatt — Schule am Mummelsoll
  • Bienenpost — Schule am Bienwaldring
  • ARS-Schüler*innen Zeitung — Adolf-Reichwein-Schule

Extra-Preise

  • Schulgeschichte: Shyft — Walther-Rathenau-Gymnasium
  • Multimedia: Herderzeitung — Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium
  • Tierwohl: FriedeNOW — Friedenauer Gemeinschaftsschule

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