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263 Lichter werden am 25. November in der Lankwitzer Dreifaltigkeitskirche leuchten.

© Boris Buchholz

263 Geschichten, 263 Schicksale: Gedenkfeier für einsam Gestorbene im Berliner Südwesten

Wenn bei einem Todesfall keine Angehörigen ermittelt werden können, übernimmt das Amt die Bestattung. Einmal im Jahr wird an die einsam Verstorbenen erinnert und ihre Namen werden verlesen.

263 Menschen – so viele Nachbarinnen und Nachbarn sind im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf zwischen Oktober 2022 und September 2023 in Einsamkeit verstorben. Am Samstag, 25. November, wird der Bezirk aller Menschen, die amtlich bestattet werden mussten, gedenken. Die Gedenkfeier findet um 16.30 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche in Lankwitz (Gallwitzallee 4-6) statt; die Konfession der Verstorbenen spielt keine Rolle. Während der Trauerfeier werden die Namen der Verstorbenen verlesen.

Jede und jeder ist eingeladen, von den Menschen aus der Nachbarschaft Abschied zu nehmen. Blumen oder Erinnerungsstücke können auf den Stufen zum Altarraum niedergelegt werden. „Der Blumenschmuck wird zu den Gräbern der Verstorbenen gebracht werden“, versprechen das Gesundheitsamt und das lokale Diakonische Werk.

Wenn nach einem Todesfall keine Angehörigen ermittelt werden können oder die Familienmitglieder sich weigern, die Verantwortung zu übernehmen, organisiert die Abteilung „Ordnungsbehördliche Bestattungen“ des Gesundheitsamtes die Beerdigung.

Angeregt wurde das Gedenken an einsam Verstorbene von der Tagesspiegel-Bezirksredaktion, die erste Feier fand 2019 in Reinickendorf statt. In Steglitz-Zehlendorf griff der CDU-Bezirksverordnete Clemens Escher die Initiative auf: Auch 2019 wurde zur ersten Trauerfeier in die Kapelle auf dem Lankwitzer Luther-Friedhof eingeladen; 181 Kerzen brannten für die Toten. Eigentlich sollte die öffentliche Veranstaltung jährlich stattfinden, doch die Corona-Pandemie vereitelte 2020 das öffentliche Gedenken. Auch 2021 war ein gemeinsames Trauern nicht möglich: Ohne Öffentlichkeit wurden die Namen in der Kapelle des Friedhofs Steglitz in der Bergstraße verlesen, um 10 Uhr läuteten überall im Bezirk die Kirchenglocken.

Bei den Trauerfeiern können Verwandte, Freunde und Nachbarn Erinnerungsstücke zu den Verstorbenen auf den Stufen des Altarraums ablegen. Das Bild stammt von der Feier im Jahr 2022.

© Boris Buchholz

Im vergangenen Jahr waren es 339 Kerzen, die in der Dreifaltigkeitskirche brannten. Ines, Maurice, Peter, Dörte, Bodo, Carola, Helga, Günther – die Namen der Verstorbenen werden auch in diesem Jahr von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Glaubensrichtungen und Institutionen verlesen: Rabbiner Andreas Nachama, Seyran Ates von der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, Mittelhof-Geschäftsführer Markus Schönbauer und Christian Lisker, Weltanschauungsreferent des Humanistischen Verbandes, werden nach Lankwitz kommen. Auch das Bezirksamt wird vertreten sein, die Kirchenkreise Steglitz und Teltow-Zehlendorf und die griechisch-orthodoxe Gemeinde ebenso.

Mehr als 260 in Einsamkeit Verstorbene im letzten Jahr ist eine Zahl, die uns betroffen macht.

Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf

„Dem Bezirksamt und der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf ist diese Gedenkveranstaltung sehr wichtig“, heißt es in einer Pressemitteilung des Amts. „Mehr als 260 in Einsamkeit Verstorbene im letzten Jahr ist eine Zahl, die uns betroffen macht.“ Gemeinsam wolle man der Tatsache ins Auge blicken, „dass es leider zu viele Menschen aus unserer Mitte gibt, die zu Lebzeiten keine soziale oder persönliche Verbundenheit gefunden oder diese frühzeitig verloren haben“.

Sabine Hafener, die Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Steglitz und Teltow-Zehlendorf ergänzt: „Wir möchten den Menschen, die ohne Angehörige und Freunde beerdigt worden sind, einen würdevollen Abschied geben. Jeder einzelne Mensch ist wichtig und jede Lebensgeschichte hat einen Wert an sich.“

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