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Ein Parkplatz wird zum Zimmer mit ausklappbaren Möbeln.

© Wunder Parking

Kleines Bett in der Auto-Nische: Berliner Künstler vermieten Parkplätze als Schlafplatz

Über das „Wunder Parking“ lassen sich ein Candlelight-Dinner, Übernachtungen und Events buchen. Eine Woche lang zog das Projekt durch Berlin.

Der Parasit kann sich tarnen – als Straße. Mit einer Oberfläche in Beton-Optik und einem weißen Strich. Dann fällt er kaum auf, wenn er Parkplätze besetzt. Doch der flache 2,5 mal 5 Meter große Kasten lässt sich aufklappen, dann verwandelt er sich in ein Schlafzimmer mit Bett oder ein Esszimmer mit Tisch. Wer will, kann die neuen Räume für ein Candlelight-Dinner mieten oder eine Nacht auf dem Parkplatz schlafen.

Ausgedacht haben sich das die Künstler Jakob Wirth und Alexander. Vergangenes Wochenende waren sie mit ihrem „Wunder Parking“ im Brunnenviertel in Mitte.

So nennen sie ihr neues Start-up, mit dem sie öffentlichen Raum „kommerzialisieren“ wollen, wie sie selbst sagen. Denn die Nacht auf dem Parkplatz kostet 21 Euro und das Dinner 15 Euro pro Person. Gebucht wird über eine Webseite. Die Aktion bewerben sie mit einem Video. „Wir ziehen Parktickets und geben den Preis mit Aufschlag für die Möbel an unsere Kund:innen weiter“, sagt Jakob Wirth.

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Schon mal von diesem Geschäftsmodell gehört? Das ist kein Zufall. Denn „Wunder Parking“ ist eine künstlerische Persiflage auf das Start-up Wunderflats aus Mitte, das möblierte Wohnungen auf Zeit vermittelt. Dadurch nutzt das Unternehmen Gesetzeslücken aus, um etwa Regulierungen wie die Mietpreisbremse zu umgehen. Eigentümer inserieren auf der Webseite.

Jakob Wirth und sein erster Gast beim Dinner auf dem Parkplatz.

© Wunder Parking

Weil die Wohnungen nicht wochenweise vermietet werden, sondern immer mindestens einen Monat, gilt das nicht als Beherbergung wie bei Airbnb. Und fällt deshalb auch nicht unter das Zweckentfremdungsgesetz. 

Laut einer Tagesspiegel-Analyse von 2019 reichten die Mietpreise der bei Wunderflats angebotenen Wohnungen von 10,15 Euro pro Quadratmeter bis hoch zu 62,89 Euro, der Durchschnittswert aller online erreichbaren Angebote lag bei 27,78 Euro pro Quadratmeter.

„Wunderflats bietet Wohnraum an, den sie nicht besitzen, und Wunder Parking verwandelt öffentliche Parkplätze in eine vermietbare Fläche, die es eigentlich nicht ist“, sagt Jakob Wirth. Damit kritisieren die Künstler, wie aus der Wohnungsnot Kapital geschlagen wird. Nur dass bei ihnen statt standardisierten Wohnungen kreative und lustige Stadträume entstehen.

Vom Brunnenviertel zog das „Wunder Parking“ am Montag weiter durch die Stadt nach Kreuzberg und dann Neukölln. Nicht nur als Esszimmer und Co-Working-Space kann man den Parasiten mieten, sondern auch als Bühne. Eine Puppenspielerin hat davon schon Gebrauch gemacht und eine Vorführung auf dem Parkplatz gegeben.

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Doch nicht immer bemerken die Kund:innen die Ironie. Ein Mann, selbst aus der Start-up-Szene, buchte das Dinner auf dem Parkplatz einfach, weil er die Idee gut fand, erzählt Wirth. „Das ist auch ok so“, sagt der Künstler. Das Start-up soll mehr Menschen ansprechen als die eher linke Bubble, die sich sonst für die Kunst-Aktionen interessiert. „Wir wollen ein Bild schaffen und das kann von verschiedenen Menschen verschieden aufgefasst werden.“ Kunst als soziale Plastik, die sich in Nachbarschaften einfügen und irritieren soll.

Dabei geht es den Künstlern auch um die Frage, wie Flächen in einer wachsenden Stadt neu genutzt werden können. In früheren Aktionen besetzten sie Dächer und stellten ein kleines silbernes Häuschen darauf. Mit dem Kollektiv „Stadtgewitter“ veranstaltete Wirth Klavierkonzerte und Saunaabende auf Plattenbauten. Damit Dachterrassen nicht länger nur für Reiche sind.

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