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Die Zwangs-Übermalung der Street-Art am Hostel „Happy Go Lucky“ in Charlottenburg wird mit Gerüsten vorbereitet.

© Cay Dobberke

Update

Streit um Street-Art in Berlin: Zwangsweise Fassadenübermalung am Hostel „Happy Go Lucky“ naht

Für die vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf angeordnete Beseitigung der bunten Motive werden nun Gerüste aufgebaut. Der Schöpfer des Kunstwerks kam aus Irland nach Berlin.

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Am Montagmorgen steht der eigens angereiste irische Künstler Dom Browne mit dem Unternehmer Alexander Skora vor dessen Charlottenburger Hostel „Happy Go Lucky“ am Stuttgarter Platz. Beide lächeln noch, obwohl ihnen danach eigentlich kaum zumute ist. Wenige Stunden später beginnen Gerüstbauer im Auftrag des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf mit ihrer Arbeit. Sie bereiten die per Zwangsvollstreckung angeordnete einfarbige Übermalung von Brownes bunter Street-Art an der Fassade vor.

Nach dem jahrelangen Konflikt kommt es damit zum Showdown. Am Montag sind das Ordnungsamt und die Polizei vor dem Hostel präsent. Doch es gibt nicht viel zu tun, die Zahl anwesender Street-Art-Sympathisanten ist geringer als allgemein erwartet. Skora hat beim Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen das Bezirksamt beantragt. Die Entscheidung darüber steht noch aus.

Sein wichtigstes Argument: Ein früheres Gerichtsurteil, wonach die Sicht auf ein nahes denkmalgeschütztes Haus durch die „schreiend bunte“ Fassade beeinträchtigt wird, sei unsinnig. Jenes Eckhaus stehe überwiegend nicht am Stuttgarter Platz, sondern zu zwei Dritteln in der Windscheidstraße. Also habe die Hostelfassade „überhaupt keinen Einfluss auf die Wirkung“ dieses Gebäudes.

Der Künstler Dom Browne (links) reiste eigens aus Irland an, um Hostel-Eigentümer Alexander Skora beim Protest gegen die Übermalung zu unterstützen.

© Cay Dobberke

Dom Brownes Wandkunst sei ein „bei Berlin-Touristen extrem beliebtes Fotomotiv und Anziehungspunkt“, betont Skoras Anwalt in dem Verfügungsantrag. Eine Beseitigung verletzte Brownes Urheberrecht sowie die Nutzungsrechte an dem Werk, die ein US-Unternehmer erworben hat.

Die Gründe für die Zwangsbeseitigung haben sich gewandelt

Ursprünglich war das Bezirksamt gegen eine orangefarbene Bemalung des Hostels mit ein paar ersten Smileys und einem Namensschriftzug vorgegangen. Es handele sich um „unzulässige Werbung“. Skora reagierte mit dem Auftrag an Dom Browne, die Fassade zu verzieren, und spricht seitdem von einem geschützten Kunstwerk.

Eine überraschende inhaltliche Wende nahm der Streit mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts. Statt über den Vorwurf illegaler Werbung zu entscheiden, kritisierte es eine „Verunstaltung des Ortsbildes“. Skoras Berufungsantrag dagegen verwarf das Oberverwaltungsgericht.

Im Urteil hatte ein Richter seine Auffassung eines ordentlichen Stadtbildes verallgemeinert. Es lägen „Unlustgefühle hervorrufende krasse Gegensätzlichkeiten und Widersprüche im Erscheinungsbild des bebauten Gebietes“ vor . Diese würden „bei einem nicht unbeträchtlichen, in durchschnittlichem Maße für gestalterische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter anhaltenden Protest auslösen“.

Derartige Beschwerden liegen dem Amt nicht vor. Die Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) betont stattdessen, Skora habe sich mit seinen Klagen selbst geschadet. Man habe ihm jahrelang „sehr viele goldene Brücken gebaut“, doch er habe verschiedene Kompromissvorschläge „allesamt abgelehnt“.

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