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Ostkreuz-Fotograf Emile Ducke reiste seit Kriegsbeginn mehrfach nach Charkiw. Bei der Ausstellungseröffnung berichtete er von seinen Erfahrungen.

© Boris Buchholz

Wenn die Hochzeit vor Trümmern gefeiert wird: Berliner Foto-Ausstellung über den Kriegsalltag in Charkiw

Wie leben die Menschen in Charkiw, der ukrainischen Partnerstadt von Steglitz-Zehlendorf, im und mit dem Krieg? Eine Open-Air-Schau zeigt Not, Mut und Zerstörung in berührenden Momentaufnahmen.

Das Hochzeitspaar steht mitten auf der Straße, im Hintergrund ist ein offiziell anmutendes Gebäude zu sehen, stark beschädigt, mit Flatterband abgesperrt. Es ist die Regionalverwaltung im Stadtzentrum von Charkiw, es war von einer russischen Rakete getroffen worden. „Anastassija und Jewhenii Subtschik habe ich zufällig an ihrem Hochzeitstag getroffen“, erzählt Fotograf Emile Ducke. „Die beiden haben sich entschieden, ihr Hochzeitsfoto vor dieser Zerstörung, die ja Alltag für sie bedeutet, aufzunehmen.“

Es sind Geschichten wie diese, die Emile Ducke und seine Kollegin Johanna-Maria Fritz mit ihren Bildern aus Charkiw, der Partnerstadt Steglitz-Zehlendorfs erzählen. Die 30 Fotografien der beiden Mitglieder der Agentur Ostkreuz hängen für jeden Passanten und jede Passantin gut sichtbar am Zaun des Charkiw-Parks entlang der Grunewaldstraße. Es sind Kriegsgeschichten, Geschichten von Menschen.

Zum Beispiel Anja. Sie hat sich in einem unterirdischen Schutzraum einer Fabrik in einem Vorort Charkiws vor dem russischen Artilleriebeschuss versteckt. „Sie erzählte mir, dass sie dort bliebe, weil ihr Mann ihren Heimatort nicht verlassen wollte – er ist in ihrem Haus geblieben, sie hat Schutz gesucht“, sagt Emile Ducke. Aus ihrem Garten hat sie sich Pfingstrosen in den Schutzraum mitgebracht – die Blumen sind der einzige Farbfleck im Grau des Raumes, in der Tristesse und Schrecklichkeit des Krieges.

Anja Kisiljowa, 74, hat Pfingstrosen aus ihrem Garten neben ihr Bett in einem unterirdischen Schutzraum in Derhatschi gestellt. Im Mai 2022 ist die Front nur ein dutzend Kilometer von dem Dorf Derhatschi nahe Charkiw entfernt, häufig wird es von russischer Artillerie beschossen.

© Emile Ducke/ Ostkreuz

„Ich bin sicher, dass diese Ausstellung dazu beiträgt, das Bewusstsein in unserer Bevölkerung für die Not der Menschen in Charkiw wachzuhalten“, sagte die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) bei der Eröffnung der Ausstellung.

Die Bilder seien ein weiterer Höhepunkt in der jungen Geschichte des Charkiw-Parks – erst im Herbst 2022 war die Grünanlage hinter der Schwartzschen Villa nach der ukrainischen Partnerstadt benannt wurden. „Für Besucherinnen und Besucher aus Charkiw gehört ein Besuch dieses Parks mittlerweile zum fast unverzichtbaren Bestandteil des Reiseprogramms.“

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