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Jahreswechsel 2023/2024 in Berlin. Ein Einsatzfahrzeug der Berliner Polizei in der Silvesternacht.

© imago/Marius Schwarz/imago/Marius Schwarz

Update

Bilanz der Polizei zur Silvesternacht: Weniger Krawall in Berlin – aber 390 Festnahmen

In dieser Silvesternacht wurden fast viermal so viele Randalierer festgenommen wie vor einem Jahr. Die Bilanzen von Polizei und Feuerwehr fallen deutlich positiver aus.

| Update:

Berlin hat einen Jahreswechsel mit deutlich weniger Krawall und Straftaten erlebt als vor einem Jahr. Nach Angaben des Polizeipräsidiums wurden 390 Menschen festgenommen, im vergangenen Jahr waren es nur 103. Ihnen werden überwiegend Brandstiftung, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, Landfriedensbruch sowie Angriffe auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.

53 Beamte wurden leicht verletzt, ein weiterer so schwer, dass er ins Krankenhaus musste. 30 Verletzte gab es durch Pyrotechnik. Im Vorjahr gab es 47 Verletzte. Das Polizeipräsidium betonte, dass im Vorjahr nur die Hälfte der Beamten eingesetzt wurde. Nach den Krawallen der letzten Silvesternacht hatte die Polizei dieses Jahr mit 4200 Einsatzkräften deutlich mehr Beamte im Einsatz als sonst üblich.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bedankte sich bei Polizei und Feuerwehr. „Berlin hatte die Lage im Griff. 390 Festnahmen, 720 Strafverfahren, null verletzte Feuerwehrleute. Das Einsatzkonzept war ein Erfolg.“ Am Nachmittag sagte er vor dem Roten Rathaus, dass „wir ein gesellschaftliches Problem haben“. Angriffe auf Polizisten seien ein „Angriff auf unseren Staat“. Man stehe ganz im Anfang, in den vergangenen Jahren habe man zu sehr weggesehen.

Der Frage, ob die künftigen Silvestereinsätze der Polizei immer diese Dimension haben werden, wich Wegner aus. Am Silvestertag hatte Wegner eine „Nacht der Repression“ angekündigt, der Rechtsstaat werde sich durchzusetzen. Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) mahnte: „Soziale und gesellschaftliche Ursachen für Angriffe auf Rettungs- und Einsatzkräfte brauchen auch soziale und gesellschaftliche Antworten.“

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In den Böllerverbotszone am Alexanderplatz, im Steinmetzkiez und in Neukölln gab es keine größeren Störungen. Allerdings gab es vor dem Roten Rathaus am Neptunbrunnen heftige Auseinandersetzungen zwischen mehreren hundert Heranwachsenden. Zunächst beschossen sich die Gruppen gegenseitig mit Pyrotechnik, dann wurde die Polizei attackiert. Die Frage, ob mehr Verbotszonen sinnvoll seien, beantwortete Wegner nicht.

Auch in der Thermometer-Siedlung in Tempelhof eskalierte die Lage kurzzeitig: Die Gruppe „soll auf alles geschossen haben, was sich bewegt“, schrieb die Polizei in der Nacht bei X. In der Neukölner Gropiusstadt und in Kreuzberg wurden zwei Polizeiautos durch Böller stark beschädigt. In Moabit wurde ein BVG-Bus von Unbekannten mit Molotow-Cocktails angegriffen, einer davon zerstörte eine Scheibe des Busses. Verletzt wurde niemand.

Innensenatorin Spranger betonte, dass sich „die Folgen sozialer und gesellschaftlicher Ursachen mit polizeilichen Mitteln allein nicht lösen“ lassen werden. „Wer an diesem Kurs der Gewalt festhält, wird sich einer unnachgiebigen, rechtsstaatlichen Polizei gegenübersehen. Das haben wir unter Beweis gestellt.“

Dass es weniger Krawall, aber sehr viele Festnahmen gab, ist kein Widerspruch: Knallt es richtig, fehlen die Kapazitäten für Festnahmen. Ist es ruhig und ist die Polizei vorbereitet, werden viel mehr Straftäter gefasst – diese Erfahrung macht die Polizei seit vielen Jahren am 1. Mai. Die organisierte Feier am Brandenburger Tor verlief mit 44.000 Besuchern störungsfrei und friedlich.

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Stephan Weh, forderte angesichts der erneuten Angriffe auf Beamten ein Verbot von Feuerwerk: „Wir brauchen das Pyrotechnikverbot für den Privatgebrauch und organisierte Veranstaltungen statt wildes Böllern auf unseren Straßen.“ Weh sagte weiter: „Ich hoffe, dass die Politik sich in diesem Januar nicht wieder nur in Phrasen erschöpft, sondern es endlich nachhaltige Maßnahmen gibt.“

Feuerwehr bilanziert „glimpflichen Ablauf“

Vor der Polizei zog auch die Berliner Feuerwehr eine positivere Bilanz der Silvesternacht als noch vor einem Jahr. Die Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte seien deutlich gesunken – auf 30, teilte die Behörde am Neujahrsmorgen mit. „Erfreulicherweise wurden hierbei keine Rettungskräfte verletzt“.

Die Feuerwehr-Gewerkschaft nannte mit 50 eine höhere Zahl von Angriffen. Gewerkschaftschef Lars Wieg sagte, dass das „vierfache Polizeiaufgebot“ gewirkt habe. Wieg warnte jedoch: „Das Gewaltpotential ist ungebremst vorhanden und wurde nur am Durchbruch gehindert.“ Deshalb müssten langfristige Lösungen her, da sich die Feuerwehr nicht dauerhaft auf einen solchen Schutz verlassen könne.

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In Berlin wurden in der Nacht 1598 Einsätze gezählt, das waren 119 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der gemeldeten Brände sank von 749 auf 663. In Prenzlauer Berg, Wedding und in Wilmersdorf brannten drei Wohnungen komplett aus, zudem mussten zahlreiche Autos im Stadtgebiet gelöscht werden, es brannte auch in der Parkpalette der Berliner Festspiele an der Wilmersdorfer Schaperstraße. Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze ging von 861 auf 825 zurück.

Landesbranddirektor Karsten Homrighausen sprach von einem „glimpflichen Ablauf im Vergleich zum Vorjahr“. Im vergangenen Jahr gab es in der Silvesternacht frühlingshafte 18 Grad. Erfahrungsgemäß sinkt die Zahl der Brände, wenn es regnet. Große Kälte bremst die Lust am Böllern.

Die Polizei hatte zuvor angekündigt, die Feuerwehr stärker zu schützen und ihre Einsätze zu begleiten. Im vergangenen Jahr gab es 69 Übergriffe auf Feuerwehrleute. Dabei wurden 15 Einsatzkräfte verletzt, eine von ihnen sehr schwer. In den beiden Jahren davor galt in Berlin wegen der Coronapandemie ein stadtweites Verbot von Feuerwerk.

Seit etwa 20 Jahren wird in Berlin nach fast jeder Silvesternacht über ein Böllerverbot diskutiert, ausgelöst hatte dies erstmals der damalige Feuerwehrchef Albrecht Broemme, Unterstützung kam vom damaligen Innensenator Körting. Doch auch deren Appelle verhallten damals.

Im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) wurden 27 Menschen mit schweren Augenverletzungen, Brandwunden und Sprengverletzungen an den Händen behandelt, diese Zahl teilte die Klinik gegen 7 Uhr am Neujahrsmorgen mit. Gegen Mitternacht hatte das auf solche Fälle spezialisierte UKB von „teilweise dramatischen Amputationsverletzungen“ berichtet.

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