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Feuerwehrmänner löschen an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war.

© picture alliance/dpa/Paul Zinken

Böllerkrawall und Vornamen-Streit: Weder Vorurteile noch Scheuklappe helfen beim Aufarbeiten

Die Vornamen-Debatte um die Silvesterrandalierer behindert die Aufarbeitung und die Prävention. Über Migrationshintergrund muss aber geredet werden dürfen.

Ein Kommentar von Alexander Fröhlich

Auch die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus wollte die Vornamen jener Silvesterrandalierer wissen, die deutsche Staatsbürger sind. Nun wird nach einer ähnlichen Anfrage der AfD-Fraktion klar, was zu erwarten war: Die Senatsinnenverwaltung nennt die Vornamen nicht.

Ist damit alles erledigt? Mitnichten. Die Silvesterdebatte verkürzt – und sie verläuft wenig produktiv. Beide politischen Lager überziehen. Sowohl jene, die öffentlich die Vornamen von Tatverdächtigen verkünden wollen, obwohl auch für sie die Unschuldsvermutung gilt und gerade die Daten von Minderjährigen im Strafrecht besonders geschützt sind.

Aber es irren auch jene, die es für eine Binsenweisheit halten, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger in der Randalestatistik stehen, weil in Neukölln zwei Drittel der Jugendlichen diesen hätten. Im Umkehrschluss hieße das: Ist halt so. Als wären Angriffe auf Rettungskräfte normal, als wäre dieses Silvester keine Zäsur.

Das Problem an der Vornamen-Frage ist: Niemand spricht mehr über das Problem. Wer nach den Ursachen auch in migrantischen Milieus für die Angriffe fragt und von Paschas fabuliert, dem schlägt der Rassismusvorwurf entgegen. Auch von jenen, die den Migrationshintergrund als lebensweltlichen Aspekt für die Motive dieser jungen Männer aussparen wollen. Dazwischen gibt es wenig, die politischen Fronten sind geklärt.

Aber es gibt kein Reden in der Sache, kein Sprechen über das, was auch Menschen aus migrantischen Familien gesehen haben. Wir berichteten über einen Feuerwehrmann, der in der Silvesternacht von jungen Männern angegriffen wurde – er und sie haben Migrationshintergrund. Wir berichten über eine Aktion mehrerer Gastronomen mit Migrationshintergrund in Neukölln, die Rettungskräfte willkommen heißen. Die das, was Silvester in ihrer Nachbarschaft geschah, unter aller Sau finden.

Ob und inwiefern der Migrationshintergrund für die Taten relevant war, wissen wir bislang nicht. Um Lehren zu ziehen und präventiv einzugreifen, helfen aber weder Vorurteil noch Scheuklappe.

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