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Eine Person hält ein Messer in der Hand. (Symbolfoto)

© IMAGO/Rolf Kremming

Update

Christian, Nico, Ali, Mohamed: Berliner Senat nennt häufigste Vornamen von Verdächtigen

3317 Messerangriffe zählte die Berliner Polizei 2022 – immer häufiger auch durch Jugendliche. Polizeipräsidentin Slowik will diese Entwicklung genau beobachten.

| Update:

In Berlin ist die Zahl der von der Polizei registrierten Angriffe mit einem Messer rasant gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden von der Polizei 3317 Fälle erfasst, die dem Deliktsbereich „Messerangriff“ zugeschrieben werden. Das antwortete der Senat auf eine am Freitag veröffentlichte AfD-Anfrage. Im Jahr 2021 waren es 2777 Fälle und 2020 weniger als 2600 Fälle.

Auch vor der Corona-Pandemie lagen die Zahlen unter 3000, ein Vergleich ist wegen geänderter Erfassung in der Kriminalstatistik aber schwierig. 2022 wurden von der Polizei zu den Messerangriffen 2428 mutmaßliche Täter ermittelt, im Jahr zuvor waren es 2132 Verdächtige.

Von den Tatverdächtigen im vergangenen Jahr hatten 1194 die deutsche und 1234 eine ausländische Staatsangehörigkeit. 2021 waren es 1030 mutmaßliche Täter mit deutscher und 1102 mit ausländischer Staatsangehörigkeit. In beiden Jahren hatten von den deutschen Verdächtigen jeweils 200 eine doppelte Staatsbürgerschaft – die meisten die türkische, libanesische, russische und polnische.

Im Gegensatz zur AfD-Anfrage zu den Silvesterkrawallen äußert sich die Innenverwaltung auch zu den Vornamen der Verdächtigen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Wenig überraschend tauchen in der Liste sowohl deutsche als auch ausländische Vornamen auf. Auch in den Vorjahren hatte die Innenverwaltung bereits auf Anfragen zu Messerangriffen die häufigsten Vornamen der Verdächtigen genannt.

Für die Silvesterkrawalle hatte die Verwaltung zu Anfragen aus dem Abgeordnetenhaus die Nennung der Vornamen der Verdächtigen abgelehnt. Begründet wurde das mit der deutlich geringeren Zahl von Verdächtigen und dem kurzen Tatzeitraum. Zudem würden durch die Nennung weiterer abgefragter Daten wie Tatort und Tatumstände Rückschlüsse auf die Identität der Verdächtigen möglich sein, hieß es.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bestätigt aus dem Alltag der Beamten die Zunahme von Messerangriffen. „Wir stellen in den letzten Jahren schon fest, dass sich immer mehr Heranwachsende und vor allem junge Männer mit Messern auf die Straße begeben und auch bereit sind, diese einzusetzen“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „Auch wenn man das nicht losgelöst vom Bevölkerungswachstum Berlins betrachten kann, sprechen gerade die neuen Zahlen eine klare Sprache.“

Gewerkschaft fordert einheitliches Handeln der Bundesländer – für ein Messerverbot

Aus Sicht der GdP ist die Aussagekraft der Berliner Statistik jedoch begrenzt. „Während in der Hauptstadt Messer als Tatwaffe seit Jahren erfasst werden, machen andere Bundesländer das erst seit Kurzem, sodass wir kein echtes Lagebild und für das Bundesgebiet kaum verlässliche Zahlen haben“, sagte Jendro. Die föderalen Strukturen verhinderten ein einheitliches Handeln, das mit Blick auf ein Messerverbot nötig wäre. „Es darf keine Rolle spielen, ob ein Messer in Berlin, Buxtehude oder Saarbrücken eingesetzt wird, es ist überall eine mitunter tödliche Waffe“, erklärte der GdP-Sprecher.

„Über Messerverbote an hoch frequentierten Plätzen kann man nachdenken. Allerdings werden wir derartige Verbote dann kaum durchgehend kontrollieren können“, sagte Jendro. „Berlin ist mit keiner Stadt zu vergleichen, es gibt nicht den einen Hotspot. Klar ist, es ist schon jetzt verboten, mit Messern Menschen zu verletzten und gar zu töten.“

Bundespolizei erlässt Messerverbot an vier Bahnhöfen

Wegen zunehmender Gewalt – auch durch Attacken mit Messern – hat die Bundespolizeidirektion für das nächste Wochenende ein „Mitführverbot von gefährlichen Gegenständen“ an vier Bahnhöfen erlassen. Es gilt am Freitag und Sonnabend, 24. März und 25. März, jeweils von 20 bis 6 Uhr des Folgetages an den Bahnhöfen Gesundbrunnen, Ostkreuz, Warschauer Straße und Südkreuz. Die Bundespolizei wird in den beiden Nächten verstärkt im Einsatz sein.

„Der Jahresvergleich der Berliner Bahnhöfe hat ergeben, dass diese vier Bahnhöfe vordere Plätze bei der Gewaltentwicklung – auch unter dem Einsatz und Mitführen gefährlicher Gegenstände – einnehmen“, erklärte die Bundespolizei. Sie erfasste dort seit dem Jahr 2019 insgesamt 1514 Gewaltdelikte, die meisten davon am Ost- und Südkreuz. Bei 192 Fällen waren gefährliche Gegenstände im Spiel, 36 Mal waren es Messer. Allein im vergangenen Jahr wurden an den vier Bahnhöfen 27 Gewaltdelikte mit Messern erfasst.

Auf Bahnhöfen und in Zügen in ganz Berlin registrierte die Bundespolizei im vergangenen Jahr bei 327 Gewaltdelikten 315 Gegenstände wie Messer (46), Reizgas (66) oder andere gefährliche Werkzeuge (203). Das sei ein Anstieg von fast 50 Prozent im Vergleich zu 2021.

Vor allem junge Männer in manchen Vierteln fallen bei der Polizei auf, weil bei ihnen Messer gefunden werden. Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte erst zum Jahreswechsel beklagt, dass auch Jugendliche und Kinder immer häufiger Messer dabei hätten und auch einsetzen würden. „Das hat leider zugenommen. Wir betrachten diese Entwicklung sehr genau“, sagte Slowik Ende des vergangenen Jahres.

Die Polizei sprach von mehr als 500 jugendlichen Verdächtigen in 2022, deutlich mehr als in den Vorjahren. Die Angriffe würden häufig unter Gruppen geschehen. Es seien bei den entsprechenden Ermittlungen 141 Kinder bis 13 Jahren aufgefallen, im Jahr zuvor waren es 80. Bei den Jugendlichen bis 17 Jahren waren es 369 Verdächtige, 2021 hingegen 234. „Das ist schon ein deutlicher Anstieg“, sagte Slowik. „Sie gehen gemeinsam los, treffen auf andere Gruppen und dann gibt es Auseinandersetzungen, und eben auch unter Einsatz von Messern.“ (mit dpa)

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