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Die Schönfließer Brücke verbindet Arnim- und Gleimkiez.

© imago images/Jürgen Ritter

„Ihr steht hier echt scheiße!“: Brücken-Neubau in Prenzlauer Berg erhitzt die Gemüter

Zu schmal für den wachsenden Stadtteil: Täglich kommt es auf der Schönfließer Brücke zu Konflikten. Ein breiter Neubau soll Frieden bringen. Anwohner sind skeptisch.

„Ihr steht hier echt scheiße!“, schreit der Mann vom Rad herunter. „Boa, dann steig’ doch ab!“, pöbelt jemand zurück. Verhaltenes Kichern in der Runde, so lebensnah ist Lokalpolitik selten.

Die Situation ist gerade für keinen schön.

Andreas Otto, baupolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus

Etwa zwei Dutzend Interessierte sind an diesem Dienstagvormittag zum nördlichen Ende der Sonnenburger Straße in Prenzlauer Berg gekommen, um sich von Bezirks- und Senatsvertretern zum Neubau der Schönfließer Brücke auf den neuesten Planungsstand bringen zu lassen. „Die Situation ist gerade für keinen schön“, fasst es Andreas Otto, baupolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, zusammen.

Momentan überspannt eine schmale Brücke die S- und Fernbahngleise zwischen Sonnenburger und Schönfließer Straße. Fertiggestellt 1964, als Ersatz für die im Krieg stark beschädigte ursprüngliche Straßenbrücke, wird das zweieinhalb Meter breite Nadelöhr den Menschenströmen im wachsenden Stadtteil kaum noch Herr.

Vertreter aus Senat und Bezirk informierten über den Planungsstand.

© Constanze Nauhaus

„Drei Interessengruppen gibt es hier“, fasst es eine junge Mutter zusammen. „Kleinkinder, die Züge gucken wollen. Radfahrer, die es eilig haben. Und natürlich Fußgänger.“ Und täglich Streit. Die Fußgängerbrücke wird mangels Alternativen auch von Radfahrern genutzt – die, einem Hinweisschild zum Trotz, oft nicht absteigen.

3,5 Millionen Euro sind veranschlagt für einen sieben Meter breiten Neubau in der Flucht der ehemaligen Straßenbrücke, mit jeweils drei Metern Platz für Radler und Fußgänger, Bänken, eventuell „Balkonen“, um auch Zugverkehrsfans gerecht zu werden. In der geplanten baulichen Trennung beider Verkehrsarten wittert eine Anwohnerin den nächsten Konflikt: „Morgens steht die Sonne dort, abends dort“ – da kollidiere dann der Radweg für Eilige mit dem perfekten Ort für das Feierabendbier.

Da sieht sich eine andere Anwohnerin schon von lärmenden Sauftrupps um den Schlaf gebracht. Wie man das vermeiden wolle auf einer so schönen neuen Brücke voller Aufenthaltsqualität? „Das ist ein ordnungsrechtliches Problem“, sagt der Leiter des Pankower Straßen- und Grünflächenamtes, Andreas Johnke. Die Frau blinzelt: „Sie glauben wirklich, dass das Ordnungsamt Pankow in der Lage ist, solche Situationen zu lösen?“. Nein, „berechtigte Zweifel“ seien das.

Winkende Kinder, hupende Züge - Konfliktstoff in Prenzlauer Berg.

© Constanze Nauhaus

Erst wenn die neue Brücke steht, soll die alte rückgebaut werden. Ebenfalls abgerissen wird dann auch die Versorgungsbrücke etwas weiter westlich, die im vergangenen Jahr in Flammen stand. Alle Leitungen werden in die neue Brücke integriert, was das Vorhaben äußerst „komplex“ macht, wie Arne Huhn – Leiter der Abteilung Brücken und Ingenieurbau in der Senatsverwaltung – sagt. Wie der Neubau dereinst aussehen wird, steht noch in den Sternen. Anfang nächsten Jahres soll erst die Planung beginnen, inklusive Bürgerbeteiligung. Baubeginn ist für Ende 2024, Anfang 2025 geplant.

Eine Sorge konnte man den Anwohnern aber schon nehmen: Dass der großzügig bemessene Neubau dereinst doch für den Autoverkehr geöffnet wird, und wenn nur temporär während des parallel geplanten Neubaus der Schönhauser-Allee-Brücke, schließt Brückenchef Huhn kategorisch aus.

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