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Berlin befindet sich seit der Einschätzung des Verfassungsgerichts zu möglichen Neuwahlen im Wahlkampf, sagt der Kommunikationsexperte Mathias Richel.

© imago images/Seeliger

Kommunikationsexperte über Berliner Wahlwiederholung: „Es wird ein schneller und heftiger Wahlkampf“

Kommunikationsexperte Mathias Richel über die Herausforderungen der Parteien und warum er einen anderen Wahlkampf als vor einem Jahr erwartet.

Herr Richel, Sie sind ein erfahrener Wahlkampfmanager, haben viele Kampagnen für die SPD organisiert. Seit einer Woche ist klar, dass die Wahl auf Landes- und Bezirksebene in Berlin voraussichtlich wiederholt werden muss. Hat damit der Wahlkampf bereits begonnen?
Ja, auf jeden Fall. Man hat das an den ersten Reaktionen vor allem der Opposition gesehen. CDU und FDP haben das Wahlchaos und die mögliche Wiederholung sofort mit der aktuellen Regierung verknüpft – was ihr gutes Recht ist.

Was für einen Wahlkampf erwarten Sie?
Es wird ein schneller und heftiger Wahlkampf. Das liegt nicht nur an der kurzen Zeit bis zu einer möglichen Abstimmung. Der Begriff Wiederholungswahl ist politisch betrachtet etwas irreführend. Eine Wahl lässt sich nicht eins zu eins wiederholen. Sie findet immer in einem spezifischen Kontext statt, ist immer eine Momentaufnahme. Die Wahl 2021 war völlig unbeleckt vom Ukrainekrieg, von der Energiepreiskrise. Wir werden eine Zuspitzung und Polarisierung erleben, die wir vor einem Jahr in dem Maß nicht hatten.

Die Wiederholungswahl stellt die Parteien vor organisatorische Probleme. Wie läuft denn die Vorbereitung für eine reguläre Wahl?
Ein guter Wahlkampf beginnt anderthalb Jahre vor der Wahl, mitunter sogar zwei Jahre. Die Parteien engagieren Agenturen, schauen sich an, welche Themen sie setzen wollen. Ein Jahr vorher beginnt dann die Kampagnenplanung. Welche Themen will man setzen, welche Veranstaltungen nimmt man wahr und sind zu organisieren und natürlich auch, wie sehen die Plakate aus und was steht drauf. Ein halbes Jahr vorher ist man dann mittendrin: Die Parteizentrale wird zur Wahlkampfzentrale. Parteimitglieder und Freiwillige sind im Dauereinsatz. Wenn die Wählerinnen und Wähler die Plakate sehen, ist für uns Wahlkampfmanager das meiste im Grunde schon getan.

Wahlkampfmanager Mathias Richel hat viele Kampagnen für die SPD geleitet.

© Stephan Pramme

Eine solch umfassende Vorbereitung wird nun nicht möglich sein. Wie kann man einen Hau-Ruck-Wahlkampf organisieren?
Zunächst sollten die Parteien nicht das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs abwarten, dann ist es zu spät. Sie werden stark auf bestehende Strukturen innerhalb der Partei aufbauen müssen. Im Grunde muss das aber gleich passieren, wie bei einem normalen Wahlkampf, nur eben schneller. Das heißt Themensetzung, Kampagnenplanung und dann in den letzten Wochen Vollgas.

Bringt der zweite Wahlkampf innerhalb von anderthalb Jahren die Parteien auch in finanzielle Schwierigkeiten?
Das ist sicher von Partei zu Partei unterschiedlich und hängt vom jeweiligen Finanzierungsmix ab. Generell lässt sich aber sagen, dass die Budgets im Legislatur-Rhythmus geplant werden. Wir werden also einen Wahlkampf mit beschränkteren Mitteln sehen. Das betrifft Geld, Personal, Ressourcen und vor allem Zeit.

Wie schwer wird es, Wählerinnen und Wähler zu erreichen? Bleibt bei einem Wiederholungswahlkampf noch jemand am Wahlstand stehen und nimmt sich einen Kuli mit?
Einen Kuli wollen immer alle, das ist nicht das Problem. Aber im Ernst: Natürlich wird die Wiederholungswahl ein Thema sein – gerade für die Oppositionsparteien. Ich glaube aber, dass das in vier bis sechs Monaten eine geringere Rolle spielt, als man jetzt vermutet. Dafür sind die Krisen, die die Menschen ganz unmittelbar betreffen – Energiekosten, Inflation, vielleicht auch wieder die Pandemie – einfach zu groß. Um diese Themen wird sich auch der Wahlkampf drehen.

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