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Transparent: "Die Lesben kommen". In Berlin zum achten Mal der Dyke* March

© Nadine Lange TSP

Lesbisches Leben in Schöneberg: Keine Bar, nirgends

In den zwanziger Jahren war Berlin-Schöneberg das Zentrum des lesbischen Nachtlebens. Heute sucht man lesbische Bars, Kneipen und Clubs vergebens. Woran liegt das?

| Update:

Im Schöneberger Regenbogenkiez rund um Nollendorfplatz, Motz- und Fuggerstraße wird an diesem Wochenende das lesbisch-schwule Stadtfest gefeiert. Aber auch sonst sind die Straßenzüge für queeres Leben bekannt. Einschlägige Bars, Kneipen, Clubs, Geschäfte für schwule Männer reihen sich dort aneinander. Wer Gleiches für lesbische Frauen sucht, wird allerdings nicht fündig. Lesbische Bars, Kneipen und Clubs sucht man vergebens.

Das war einmal anders. In den zwanziger Jahren gab es in Schöneberg jede Menge Etablissements für homosexuelle Frauen genauso wie für Männer. In der früheren Luther-, heutigen Martin-Luther-Straße betrieben Amalie Rothaug und Else Conrad den Damenclub „Monbijou des Westens“ / „Mali und Igel“. Ein Vorstoß der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg, Rothaug und Conrad mit einem „Mali-und-Igel-Platz“ zu ehren, scheiterte vor zwei Jahren aus formalen Gründen. Eine erneute Initiative ist noch in der Prüfung.

In der Bülowstraße waren seinerzeit der Mickimaus Club, das Dorian Gray und im Ballhaus Nationalhof das Café Violetta beheimatet. Vor der Bülowstraße 37 erinnert eine Gedenktafel an das Ballhaus, das einst so wichtig war fürs lesbische Nachtleben. Darauf heißt es: „1926 gab es erstmals Bälle nur für Damen. Im Hebrst 1927 traf sich im „Nationalhof“ eine Lesbengruppe., der Damen-Bif-Club, benannte nach der erfogreichen Zeitschrift „Blätter idealer Frauenfreundschaft“ von Selli Engler. Ab 1928 organisierte Charlotte Hahm, Leiterin des 400 Mitglieder starken Damenklubs Violetta, überaus erfolgreich Lesben- und Transvestitenbälle.“

In der Bülowstraße wird an das legendäre Ballhaus Nationalhof erinnert.
In der Bülowstraße wird an das legendäre Ballhaus Nationalhof erinnert.

© Sigrid Kneist/Tagesspiegel

In der Nazizeit gab’s ein jähes Ende. Der Nationalhof wurde nach dem Krieg wiederbelebt. Aber auch in den siebziger und achtziger Jahren, als sich homosexuelles Selbstbewusstsein wieder öffentlich zeigte, wurden Kneipen oder eine Disko für Lesben gegründet. Zwar nicht in so großer Zahl, wie Angebote für schwule Männer entstanden. Aber immerhin, es gab sie. In der Kalckreuthstraße wurde 1972 die Lesbenbar „pour elle“ eröffnet. Später wurden auch die Disko „die 2“ in der Martin-Luther-Straße und das Café/Restaurant Dinelo in der Vorbergstraße bekannt.

„Das Dinelo zog in den 1980er Jahren Lesben, die in Berlin lebten oder die Stadt besuchten, vor allem aus zwei Gründen an: Es bot als eines der wenigen Lokale für Frauen in dieser Zeit Speisen an, eigenhändig gekocht von Chris Rieseberg (einer der Gründerinnen, die Red.) und selbst kreiert wie das Bäuerin-Omelette, wahlweise gefüllt mit Thunfisch oder Schafskäse“, schreibt die Historikerin Katja Koblitz vom Spinnboden Lesbenarchiv in einem Artikel zur lesbischen Geschichte in Berlin auf der Internetseite des Verbands Lesben und Alter.

Mitte bis Ende der neunziger Jahre verschwanden aber alle diese Einrichtungen. Übrig geblieben ist im Prinzip nur das Kulturzentrum Begine in der Potsdamer Straße, das Frauen/Lesben in den achtziger Jahren besetzten und instandsetzten. Warum es keine Kneipen mehr für Lesben gibt, führt Koblitz auch darauf zurück, dass sich diese Treffpunkte finanziell nicht rentierten. Lesbische Frauen seien auch öfter von prekären Lebensverhältnissen betroffen. „Viele wollen und können das Risiko nicht tragen“, sagt Koblitz.

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