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Trauermarsch der Fans und Ultras für den verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein Hertha BSC.

© Imago/Matthias Koch

Update

Nach dem Tod des Hertha-Präsidenten: 7000 Menschen beim Trauermarsch für Kay Bernstein in Berlin

Tausende Menschen haben bei einem Trauermarsch des Hertha-Präsidenten Kay Bernstein gedacht. Im Olympiastadion wurde es nach einer Andacht und beim Song „Imagine“ richtig emotional.

| Update:

Hunderte Menschen haben sich am kalten Sonntagvormittag am Theodor-Heuss-Platz versammelt, viele tragen Schwarz oder eine Trainingsjacke von Hertha BSC. Sie alle sind in stiller Trauer vereint, sie trauern um ihren verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Ein Blumenladen am Platz machte vermutlich das Geschäft seines Lebens: Fans deckten sich dort mit Rosen ein. Immer wieder umarmten sie sich, immer wieder hielten sie in Trauer inne.

Gegen 11 Uhr war die Zahl der Trauernden laut einer Sprecherin der Berliner Polizei auf 7000 angewachsen. „In tiefer Trauer um Kay“ stand in weißen Buchstaben auf einem schwarzen Banner an der Spitze des Zuges. Am Olympiastadion angekommen, legten die Fans Blumen nieder, wo bereits ein Meer aus Grablichtern steht.

Zunächst hatten sich die Fans am Theodor-Heuss-Platz gesammelt, um von dort in Richtung Olympiastadion zu laufen.
Zunächst hatten sich die Fans am Theodor-Heuss-Platz gesammelt, um von dort in Richtung Olympiastadion zu laufen.

© imago/Matthias Koch

Aus der Kapelle des Olympiastadions wurde rund eine Stunde vor dem Anpfiff des Spiels eine Andacht übertragen. Pfarrer Bernhard Felmberg würdigte Bernstein als außergewöhnlichen Menschen, der den Verein und die Menschen in schwierigen Zeiten geeint habe. Auf den Stadionleinwänden waren Schwarz-Weiß-Fotos von Bernstein aus seinem Leben als Fan-Vorsänger bis zur Präsidentenzeit zu sehen. Die Bande am Stadionumlauf war ein großes schwarzes Banner.

Die Andacht für Hertha-Präsident Kay Bernstein wurde ins Stadion übertragen.
Die Andacht für Hertha-Präsident Kay Bernstein wurde ins Stadion übertragen.

© Ottmar Winter/Ottmar Winter

Die Hertha hatte ihre Fans am Sonntagmorgen mit einer E-Mail noch einmal auf einen besonderen Spieltag vorbereitet. „Unterstützt euch gegenseitig und seid empathisch, denn Trauerbewältigung ist individuell“, hieß es darin.

Am Olympiastadion haben Fans bereits in den vergangenen Tagen viele, viele Grablichter und Schals hinterlassen.
Am Olympiastadion haben Fans bereits in den vergangenen Tagen viele, viele Grablichter und Schals hinterlassen.

© Tsp / Frank Bachner

Kay Bernstein, der Mann, der früher selbst einer der engagiertesten Fans war, ist am vergangenen Dienstag gestorben, erst 43 Jahre alt. Natürliche Todesursache, hat die Obduktion ergeben.

Auf einem Banner wurde die Gemeinschaft beschworen.
Auf einem Banner wurde die Gemeinschaft beschworen.

© imago/Matthias Koch

Die Trauer der Fans ist deshalb so groß, weil Bernstein aus ihrer Sicht das Hertha-Gen hatte, diese vollkommene Hingabe an den Verein, als Fan, aber auch als Präsident.

Thorsten Hinz hat Kay Bernstein einst selbst als Vorsänger in der Kurve erlebt. 
Thorsten Hinz hat Kay Bernstein einst selbst als Vorsänger in der Kurve erlebt. 

© Frank Bachner

Das schilderte auch Thorsten Hinz, der am Morgen zum U-Bahnhof Kaiserdamm gekommen war. Hier hatten sich einige Anhänger der Hertha versammelt, um gemeinsam zum Theodor-Heuss-Platz zu laufen. Der 48-jährige Hinz ist Hertha-Fan, seit er denken kann, geht jedes Wochenende ins Stadion – und hat Kay Bernstein selbst als Vorsänger in der Kurve erlebt.

Bernstein hatte die Ultras-Fan Gruppe „Harlekins 98“ mitgegründet, er hatte die Fans in der legendären Ostkurve, dem Stammplatz der härtesten Hertha-Fans, mit Parolen aufgepeitscht und den Vorsänger gegeben, er war immer einer der Ihren geblieben. Die Harlekins haben zu diesem Marsch eingeladen.

Die Fans zogen auch durch die Reichsstraße.
Die Fans zogen auch durch die Reichsstraße.

© imago/Matthias Koch

Thorsten Hinz sagt: „Kay Bernstein hinterlässt eine große Lücke.“ Der Präsident sei bei den Fans beliebt gewesen, „weil er selbst aus der Kurve kam“. Er hofft, dass der Verein den von Bernstein angestoßenen „Berliner Weg“ fortsetzt – die Profimannschaft mit vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs auszustatten und auch auf Mitarbeiter mit Vereinshistorie zu setzen.

Trauer um Bernstein, Sorge um „Berliner Weg“

Auch Emanuel Plisckowsky schätzt den „Berliner Weg“ und hat nach dem Tod Bernsteins Sorge, dass dieser nicht weitergeführt wird. „Ich sehe niemanden, der das machen könnte“, sagt der 35-Jährige.

Für Hertha-Fan Emanuel Plischkowsky (35) war Kay Bernstein „die Seele des Vereins“.
Für Hertha-Fan Emanuel Plischkowsky (35) war Kay Bernstein „die Seele des Vereins“.

© Frank Bachner

Die Nachricht, dass Bernstein verstorben ist, habe er zunächst gar nicht glauben können. „Ich habe mein Handy ausgeschaltet und es verdrängt“, erzählt Plisckowsky, der nach eigenen Angaben früher selbst bei den Harlekins aktiv war. Auch er habe Bernstein als Vorsänger erlebt, ihm später bei der Wahl zum Vereinspräsidenten seine Stimme gegeben.

„Das war eine richtige Befreiung, als er gewählt wurde“, erinnert sich der 35-Jährige. „Er war die Seele des Vereins, hat Hertha wieder zu dem gemacht, was Hertha einmal war.“ Das heutige Spiel sei ihm völlig egal. „Ich habe bis heute Morgen nicht mal gewusst, gegen wen es geht. Falls Düsseldorf hier 3:0 gewinnt, stört mich das heute nicht“, sagt Plischkowsky, dem beim Reden die Tränen kommen.

Langsam zog der Marsch zum Olympiastadion, die Stimmung war gedrückt, Alkohol und Pyrotechnik waren ausdrücklich nicht erwünscht. Es ist ein Trauer-, kein Fanzug in freudiger Erwartung eines Spiels – darauf hatten die „Harlekins“ in einer Botschaft eigens hingewiesen.

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Hertha spielt seit 13.30 Uhr im Olympiastadion gegen Fortuna Düsseldorf. Auf jede Form von sonst üblicher fröhlicher Einstimmung auf das Spiel wurde verzichtet. Auch bei der Verkündung der Aufstellungen beider Mannschaften schwiegen die Fans beider Vereine. Gedämpfte Musik wurde gespielt.

Die Hertha-Profis machten sich zuvor in schwarzen T-Shirts mit dem Aufdruck „Wir Herthaner in tiefer Trauer“ warm. Im Mittelkreis lag ein rundes Transparent mit den gleichen Worten. Auf Bernsteins Platz auf der Tribüne waren seine typische blau-weiße Club-Jacke, sein Megafon und weiße Rosen gelegt. 

Auf dem Platz von Kay Bernstein lagen Jacke, Megafon und weiße Rosen.
Auf dem Platz von Kay Bernstein lagen Jacke, Megafon und weiße Rosen.

© dpa/Andreas Gora

In der Ostkurve, wo Bernstein einst als Vorsänger der Ultras stand, war auf einem Banner zu lesen: „Wir gießen Deinen Baum mit unseren Tränen - In unseren Herzen wirst du ewig Leben“. Bernstein hatte nach seiner Wahl zum Präsidenten auf dem Vereinsgelände einen Baum gepflanzt – als „zartes Pflänzchen Hoffnung“ für den Club. 

Als der Song Imagine von John Lennon erklang applaudierten die Hertha-Spieler den Fans, die applaudierten gedämpft zurück. Die Hertha-Hymne („Nur nach Hause gehen wir nicht“) wurde langsam intoniert. Vor dem Anpfiff wurde eine Gedenkminute abgehalten.

Hertha-Trainer Pal Dardai hatte Tränen in den Augen. Interimspräsident Fabian Drescher, Bernsteins Freund und bisheriger Stellvertreter, und Geschäftsführer Thomas Herrisch verfolgten die Zeremonie Arm in Arm auf der Tribüne. „Kay war ein Mensch, der uns berührt hat. Er war ein Mensch, der nie von oben herab geredet hat. Er hat nie gefragt, was ist gut für Kay. Er hat immer gefragt, was ist gut für Hertha BSC“, sagte Hertha-Trainer Pal Dardai bei Sky.

Die Fans haben ihren Trauerflor symbolisch in ihren Herzen. Im virtuellen Kondolenzbuch für Kay Bernstein haben viele von ihnen ihrer Trauer Ausdruck verliehen. (mit dpa)

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