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Blick auf eine graue Hausfassade mit vielen Fenstern

© dpa/Christophe Gateau

„Vorhaben leuchtet mir nicht ein“: Rechtswissenschaftler kritisiert Vergesellschaftungsrahmengesetz

Die Arbeit an dem Gesetz soll bald beginnen. Jurist Florian Rödl bezweifelt, dass die geplante Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht den gewünschten Effekt erzielen würde.

Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) hat angekündigt, dass die schwarz-rote Koalition in den kommenden Tagen mit der Arbeit an einem Vergesellschaftungsrahmengesetz beginnen wird. „Der Senat wird sich innerhalb der nächsten zwei Wochen zu einem Auftakttreffen zusammenfinden“, sagte Gaebler am Montag im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Die Federführung für die Erarbeitung werde die Senatsfinanzverwaltung übernehmen, da es bei dem Rahmengesetz, „um übergeordnete Dinge“ gehe. Gaebler verwies auf mögliche Anwendungen in anderen Branchen, wie zum Beispiel der Energieversorgung.

2021 hatten sich 59,1 Prozent der Berliner Wählerinnen und Wähler in einem Volksentscheid für die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzern ausgesprochen. Eine von SPD, Grünen und Linken eingesetzte Expertenkommission kam Ende Juni mehrheitlich zu dem Schluss, dass eine solche Vergesellschaftung rechtlich, verhältnismäßig und bei einer Entschädigung unter dem Verkehrswert möglich sei. CDU und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, zunächst ein Rahmengesetz für Vergesellschaftungen zu erarbeiten, das auch auf andere Branchen angewendet werden könnte. Dieses soll zwei Jahre nach der Verabschiedung in Kraft treten, vorher jedoch vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden.

Florian Rödl, Rechtswissenschaftler und Mitautor des Abschlussberichts der Expertenkommission, kritisierte dieses Vorgehen am Montag im Bauausschuss. „Mir leuchtet das Vorhaben nicht ein“, sagte Rödl. Er argumentiert, dass etwa Fragen zur Verhältnismäßigkeit und Entschädigung so stark vom konkreten Gegenstand abhängen würden, dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einem Rahmengesetz gar keinen Mehrwert bieten könnte.

Sie müssten es konkreter machen.

Rechtswissenschaftler Florian Rödl zum geplanten Vergesellschaftungsrahmengesetz

„Sie können die allgemeinen Grundsätze in ein Gesetz schreiben“, sagte Rödl. „Und da kann ich Ihnen versprechen, dass das Verfassungsgericht Ihnen das bestätigen wird“, sagte Rödl Richtung Gaebler. Eine solche Entscheidung sei aber weitgehend „nichtssagend“.

Gaebler hatte zuvor ausgeführt, dass konkrete Anwendungsfälle bereits mitgedacht würden und ein Rahmengesetz „Elemente einer Umsetzung enthalten“ werde. Aber auch das überzeugte Rödl nicht. Diese „mittlere Abstraktionshöhe“ bekomme man nicht hin. „Sie müssten es konkreter machen.“

Rödl wies auch darauf hin, dass das Rahmengesetz rein juristisch gar keine Leitplanken für spätere Umsetzungsgesetze setzen könnte, da es sich bei beiden um einfache Gesetze handeln würde. „Das spätere Gesetz setzt sich immer durch“, sagte Rödl.

Schließlich machte der Jurist auch auf eine weitere Schwierigkeit des Vorhabens aufmerksam. CDU und SPD könnten das Rahmengesetz gar nicht selbst dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen, weil ihnen das sogenannte „Rechtsschutzbedürfnis“ fehle.

Auch eine Verfassungsbeschwerde sei nicht möglich, da es bei einem Rahmengesetz keine Betroffenen gebe. „Sie müssten dann eine Oppositionsfraktion ansprechen, ob die vielleicht bereit wäre, das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorzulegen, oder sie müssten die CDU-Fraktion im Bund bitten“, sagte Rödl. Das könnte am Ende ein „merkwürdiges Bild“ abgeben.

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