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Silvesterstimmung auf der Oberbaumbrücke.

© dpa / Paul Zinken

Party mit Schusswaffen: Die Berliner Politik muss dem Silvester-Irrsinn Grenzen setzen

Die Politik empört sich über Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte. Dabei hat sie jahrelang nichts dagegen unternommen.

Ein Kommentar von Werner van Bebber

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey gibt sich „erschüttert“, und zwar „zutiefst“. Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) ist „wütend“. Anlass ihrer Kommentare zum Silvestergeschehen sind Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute – mit Pyrotechnik und zunehmend mit Schreckschuss- und Signalwaffen.

18 Polizisten und 15 Feuerwehrleute haben ihren Einsatz am ersten übermütigen post-pandemischen Silvesterabend verletzt beendet, ein Polizist und ein Feuerwehrmann mussten ins Krankenhaus. Nun gehören in Berlin heimtückische Attacken auf Einsatzkräfte in gewissen Stadtteilen und Bezirken zur Folklore. Polizisten schreiben Bücher darüber, Kriminologen untersuchen das Phänomen. Es ändert sich nichts.

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Mit dem aberwitzigen Silvester-Geballere verhält es sich ebenso: Leute feuern pfeifende Raketen mit bunten Funkenschweifen auf die Repräsentanten der staatlichen Ordnung. Sie werfen Böller, die massive Knalltraumata verursachen können, auf Menschen in Uniform – oder sie feuern mit einer Schusswaffe Leuchtkugeln ab.

Das war längst Thema der Berliner Politik. Nach dem Jahreswechsel 2019/20 stellte der damalige Innensenator Andreas Geisel (auch SPD, wie Giffey und Spranger) fest, dass vermehrt Schreckschusspistolen abgefeuert würden. Damals wurden 125 Straftaten mit solchen Waffen registriert.

Das Problem mit dem „kleinen Waffenschein“

Das Problem: Die Waffen sind frei verkäuflich. Wer eine Schreckschuss- oder Signalwaffe in der Öffentlichkeit mit sich führen will, braucht einen „kleinen Waffenschein“. Den bekommt man mit 18, wenn die Waffenbehörde den Antragsteller „zuverlässig“ und „persönlich geeignet“ findet.

Der passende Auftritt vor der Behörde fällt offenbar vielen leicht, die an Silvester weniger „persönlich geeignet“ wirken. Sonst würden Rettungskräfte nicht beschossen, sonst fielen nicht die Mengen an abgefeuerten Hülsen in der Stadt auf, die vom gefährlichen Umgang mit den Waffen zeugen.

Geisel forderte damals die schärfere Regulierung des Waffenverkaufs durch einen Eignungsnachweis. Daraus wurde – genauso wie aus dem erwogenen stadtweiten Böllerverbot – nichts: Bundesrecht müsste geändert werden – die Idee fand damals keine Anhänger.

Die amtierende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (wie Giffey und Spranger SPD) ist womöglich geneigter, eine neue Waffenrecht-Initiative zu befördern. Mal sehen, wozu die Erschütterung der Regierenden und die Wut der Innensenatorin vor dem nächsten Silvester führen werden. Oder ob beides sich so rasch auflöst wie die Feinstaubwolke der vergangenen Nacht.

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