zum Hauptinhalt
Blumen und Kerzen haben Unbekannte an einem Baum im Bürgerpark Pankow abgelegt. Dort hatte eine Passantin zwischen Sträuchern die vermisste fünfjährige Anissa schwer verletzt gefunden.

© dpa/Paul Zinken

Prozess um getötete Fünfjährige in Berlin: „Er sagte, er wisse nicht, was passiert ist“

Im Prozess gegen Gökdeniz A., der im Bürgerpark Pankow auf Anissa eingestochen haben soll, wurden Polizisten befragt. Sie beschreiben dessen Verhalten als „emotional kühl“.

Kühl und emotionslos wirkte er bei der Suche nach dem vermissten Mädchen. Gökdeniz A. hatte kurz zuvor erklärt, die kleine Anissa sei ihm „verloren gegangen“, verschwunden aus einem Gebüsch sei sie. „Wir fuhren den Bereich mit ihm im Wagen ab“, schilderte ein Polizist am Dienstag vor dem Berliner Landgericht. „Er sorgte mit seinen Angaben dafür, dass wir im Karree gefahren sind.“ Nachdem Passanten das leblose Kind im Bürgerpark Pankow entdeckt hatten, wurde der inzwischen 20-jährige A. als Beschuldigter belehrt und in Handfesseln abgeführt.

Gökdeniz A., ein Bekannter der Familie, soll am 21. Februar dieses Jahres mit einem Messer auf Anissa eingestochen haben. Es geschah laut Anklage gegen 15 Uhr im Bürgerpark. Sieben Stichverletzungen unter anderem in den Brust- und Bauchbereich wurden dem Mädchen zugefügt. Es starb in einem Krankenhaus. Die Anklage gegen A. lautet auf Totschlag. In dem Prozess vor einer Jugendstrafkammer hat er bislang zu den Vorwürfen geschwiegen.

Ihm waren Anissa und ihre drei kleinen Schwestern an jenem Nachmittag für kurze Zeit anvertraut. Auf einem Spielplatz in der Nähe der Wohnung sollte er auf die Kleinen aufpassen. Die 25-jährige Mutter der Kinder war nach Hause gegangen, um Essen zuzubereiten. Der damals 19-Jährige mit Problemen in seiner türkischen Familie hätte häufiger mit ihren vier kleinen Töchtern gespielt, hatte die Mutter zu Prozessbeginn vor drei Wochen ausgesagt.

Weil die jüngeren Geschwister von Anissa allein auf dem Spielplatz waren, riefen Passanten die Polizei. Funkwagen waren bereits vor Ort, als A. „blass und zügigen Schrittes“ auf die Beamten zuging, beschrieb nun ein Polizist im Zeugenstand. Er suche Anissa, soll A. erklärt haben. „Er sagte, er sei mit ihr etwa eine halbe Stunde unterwegs gewesen, weil sie auf Toilette musste.“ Sie sei dann in ein Gebüsch gegangen. Babysitter A. soll beschrieben haben: „Ich drehte mich um, dann drehte ich mich wieder um – da war sie weg.“

A. hat geistig eingeschränkt gewirkt

Polizisten erlebten den Angeklagten am Tattag als „emotional kühl“ und „abwesend, als würde er neben sich stehen“. Die Mutter des Mädchens habe ihn angeschrien: „Wo bist du langgelaufen? Du solltest aufpassen!“ Emotionslos habe er erklärt, dass er sich nicht an den Weg erinnern könne. „Als würde ihn das alles nicht berühren.“ Seltsam habe er gewirkt und „geistig eingeschränkt“.

Eine 40-jährige Anwohnerin und ihre zwölfjährige Tochter, die mit ihrem Hund im Bürgerpark eine Runde drehten und dabei nach dem vermissten Kind Ausschau halten wollten, entdeckten Anissa. Sie hatten gedacht, das Mädchen hätte sich irgendwo versteckt. Sie sahen es in einem Gebüsch und holten Hilfe.

Gökdeniz A. stand nur ein paar Meter entfernt, als einer der Polizisten zu Anissa lief. Sie habe dagelegen, „als ob sie hingeworfen wurde“, beschrieb ein 29-jähriger Beamter. „Ich hob den leblosen Körper hoch, rannte mit dem Kind los.“ Der damals 19-Jährige, der seltsam wirkte und bei der Suche so wenig hilfreich war, wurde noch vor Ort zum Verdächtigen. „Ich machte ihm den Tatvorwurf, er sagte, er wisse nicht, was passiert ist“, sagte der 29-jährige Polizist.

Mehrere Zeugen berichteten im Prozess, A. habe den Eindruck gemacht, als wäre er geistig eingeschränkt. Auffällig kindlich habe er gesprochen – „als ob ein aufgeregtes Kind spricht über etwas, das passiert ist“. Als er wegen Tatverdachts belehrt wurde, habe sich sein Verhalten geändert – „es war eine Mischung aus aufgeregt, nervös und hilfesuchend“. Der Prozess wird am 12. September mit weiteren Zeugen fortgesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false