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Katastrophenschutz-Übung in der Rettungsstelle des Behring-Krankenhauses in Berlin-Zehlendorf.

© Kai-Uwe Heinrich/TSP

Spucken, Schläge, Stiche in Berliner Krankenhäusern: Was der Gesundheitssenatorin zu Maßregelvollzug und Notaufnahmen bevorsteht

Angriffe auf Pflegekräfte und Ärzte in Rettungsstellen, Gewalt im Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Kann Gesundheitssenatorin Czyborra schnelle Lösungen versprechen?

Zwei Gewalttäter fliehen aus dem Maßregelvollzug in Reinickendorf, drei Brüder prügeln Arzt und Pfleger einer Lichtenberger Notaufnahme nieder. Dazu die immer gleichen Berichte aus anderen Rettungsstellen: Patienten und Besucher schimpfen, zuweilen spucken und schlagen sie auch. Manchmal wird zugestochen.

Nun wartet das politische Berlin darauf, was Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) am Montag im Abgeordnetenhaus zum Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV) und den Rettungsstellen der 37 Notfallkliniken Berlins sagt. Doch schnelle Lösungen kann die Senatorin kaum anbieten.

Es gibt derart abgehängte User, dass die üblichen Konzepte kaum helfen.

Sanitäter über bestimmte Patienten mit Suchtproblem

Erstens dürften die offenbar verbreiteten Aggressionen gesamtgesellschaftliche Ursachen haben: Immer wieder sollen Angreifer, das berichten Pflegekräfte, wirr-religiöse Sprüche von sich gegeben haben. Zudem gebe es „derart abgehängte User“, wie ein Sanitäter über bestimmte Drogenfälle sagt, „dass die üblichen Konzepte kaum helfen“.

Alle Kliniken suchen Pflegekräfte

Zweitens wirken im Gesundheitswesen meist Bundesregelungen: So ist etwa der Maßregelvollzug auch deshalb überfüllt, weil es mitunter ausreichte, wenn einem Straftäter vage ein „Hang zu Sucht“ attestiert wurde. Auf Druck der Länder wurde der diesbezügliche Paragraf im Strafgesetzbuch zum Oktober dieses Jahres enger gefasst. Er soll nur noch – so die Absicht – für Fälle eindeutiger Sucht gelten. Doch allenfalls langfristig werden nun weniger Verurteilte im KMV landen.

Drittens fehlt überall Personal: Wenn schon vergleichsweise ruhige Kliniken am Stadtrand dringend Pflegekräfte suchen, warum sollten dann Maßregelvollzug und Notaufnahmen ausreichend Personal finden? Daran änderten auch Lohnerhöhungen im Gesundheitswesen wenig, zumal viele Pflegekräfte dies nutzen, um in Teilzeit zu arbeiten. Senatorin Czyborra wird also allenfalls kleine Schritte ankündigen können.

Protest vor der Senatsverwaltung

Auf beiden KMV-Arealen in Reinickendorf und Buch reicht zudem der Platz nicht, wobei der Senat bald ausbauen lassen will. Von den Insassen, also psychisch kranken Straftätern und solchen mit einem Hang zur Sucht, „geht nicht selten eine Gefahr für das Personal“ aus, schrieb der Berliner Hauptpersonalrat im November. Derweil sprechen Angehörige von KMV-Insassen auch davon, dass es Übergriffe von Mitarbeitern auf Patienten gegeben habe. Und der Personalnot wegen fänden vorgesehene Therapien nicht statt und fielen Hofgänge aus.

„Wir fordern ein Ende der menschenunwürdigen Zustände“, heißt es deshalb in einem Aufruf für eine Protestkundgebung: Eine angestrebte Resozialisierung der Insassen sei kaum möglich, zumal ambulante Angebote zur Suchtbehandlung und Gewaltprävention unzureichend ausgestattet seien. Am 24. Februar soll vor Czyborras Amtssitz, der Gesundheitsverwaltung in der Oranienstraße, demonstriert werden. Auf der Kundgebung wird auch Linken-Gesundheitsexperte Tobias Schulze erwartet.

Der Abgeordnete forderte vor einigen Tagen schon einen Krisengipfel, auf dem über die Rettungsstellen gesprochen werden solle. Auch CDU und Grüne wollen das thematisieren.

Für die Notaufnahmen regulärer Kliniken gilt, dass sie seit jeher Anlaufstellen für Gestrandete, aber auch Bequeme sind: Umstritten ist, wie viele der Patienten keine medizinischen Notfälle sind. Je nachdem, welche Mediziner man fragt, werden Werte von deutlich mehr als 50 Prozent genannt. Diese Fälle könnten also, wenn sie es denn akzeptierten, auch in einer Praxis begutachtet werden. Die niedergelassenen Ärzte liegen derzeit übrigens ebenfalls im Clinch mit der Bundespolitik.

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