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Thema: Nachbarschaft. Streit oder Unterhaltung am Gartenzaun. Bonn Deutschland *** Theme Neighbourhood Dispute or Entertainment at the Garden Fence Bonn Germany Copyright: xUtexGrabowsky/photothek.netx

© imago images/photothek

Ständig Streit am Berliner Gartenzaun: „Ich bin Schiedsmann, aber kein Richter“

Schiedsleute bekommen zu wenig Wertschätzung, so die CDU. Okay, aber was machen die eigentlich? Hier spricht ein Schiedsmann über Streit, Kosten und Königreiche.

Dieser Mann will Frieden in Berlin. Sein Ehrenamt: Dietmar Zacher ist „Schiedsmann“ in Berlin-Spandau und vermittelt in Streitfällen. Erst diese Woche war die Schiedsmänner- und frauen Thema im politischen Berlin: Die Zahl der ehrenamtlichen Schiedspersonen in Berlin hat in den vergangenen Jahren nämlich stetig abgenommen, auch die Zahl der geschlichteten Streitigkeiten ist rückläufig. Der CDU-Politiker Alexander Herrmann beklagte im Tagesspiegel, „dass der Senat wenig Interesse zeigt, für eine Entlastung der Justiz zu sorgen. Es fehlt nicht an Geld, sondern an Wertschätzung.“ Es müsste mehr für dieses Ehrenamt geworben werden.

Was aber macht so ein Schiedsmann denn nun konkret im Berliner Alltag? Im Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau sprach Dietmar Zacher über Zank am Gartenzaun, Kosten für die Schlichtungsgespräche, Mehrarbeit am Stadtrand und das Königreich Kladow. Kontakt zum Schiedsamt Spandau finden Sie hier.

Lieber Herr Zacher, bei Ihnen geht’s ständig um Streit. Sie sind Schiedsmann. Für uns Laien erklärt: Was machen Sie? „Ich versuche bei Streitigkeiten zwischen Spandauern vermittelnd zu schlichten, und zwar im Auftrag des Rathauses. Preisgünstig, zeitnah und ohne Verlierer.“

Sie sind so was wie… ein Richter? „Nein, ich bin nicht mal Jurist. Und vor allem: Ich richte nicht. Ich vermittele in Spandau zum Beispiel bei Streitereien in der Nachbarschaft. Das sind meistens echte Klassiker: Der Baum wächst rüber und wird einfach nicht beschnitten. Der Schuppen steht zu nah an der Grundstücksgrenze. Oder es gibt Ärger, weil der Nachbar ständig grillt…“

Der Schiedsmann aus Berlin-Spandau: Dietmar Zacher.

© privat

Und Sie machen dann was? „Reden. Und zwar mit beiden. Erklären, dass es ein Problem gibt, denn meistens reden die Nachbarn dann schon nicht mehr miteinander. Kann man sich vielleicht auf Uhrzeiten oder freie Grilltage einigen? Was sagt eigentlich der Gesetzgeber? Und ist dem Nachbarn das Problem überhaupt bewusst?“

Und wo sind Sie in Spandau tätig? „Wir sind eigentlich zu dritt – alle übrigens im Ehrenamt! – , und ich bin als Schiedsmann für die Wilhelmstadt, für Kladow und Gatow zuständig. Leider ist zur Zeit auch bei uns die dritte Stelle vakant, so dass ich die Vertretung für Staaken erstmal übernommen habe. “

Gibt’s da besonders viel Streit? „Mein Grundstück ist mein Königreich, also sind dort alle Könige (lacht) Aber nein, Streit gibt es überall in Spandau.“

Die Verfahren finden zumeist in privater Umgebung statt. 

Dietmar Zacher

Seit wann machen Sie das? „Seit 11 Jahren. Wir wurden vom Ältestenrat der BVV gewählt und werden vom Amtsgericht ganz offiziell vereidigt – wir haben ja richtig offizielle Stempel. Wir unterliegen der absoluten Schweigepflicht und haben die nötigen Befugnisse, um eine rechtlich verbindliche Einigung durchzuführen. Die Verfahren finden zumeist in privater Umgebung statt. Viele Bürgerinnen und Bürger kennen uns gar nicht, deshalb möchte ich auch hier den Leserinnen und Lesern Hilfe anbieten. Wir sind bezahlbare Alternative für viele, weil ein Rechtsanwalt schnell sehr teuer wird.“

40
Euro werden in der Regel fällig - das ist viel günstiger als der Rechtsanwalt

Was kostet das bei Ihnen? „35, 40 Euro. Das deckt die Kosten des Verfahrens größtenteils ab.“

Wo erreicht man Sie? „Ich biete jeden Montag zwischen 16 und 18 Uhr im Stadtteilladen Adamstraße 39 eine Sprechstunde an, um vorab einen Fall zu klären oder ein Antrag entgegen zu nehmen.“

Wie kommen Sie runter? Ihr Tipp zum Winter, bitte! „Da ich eher der Sommermensch bin, halte ich mich am liebsten im Winter, gerade wenn er so feucht ist wie zur Zeit, auf meiner Couch auf - wenn ich nicht arbeiten muss. Heißer Kakao und Apfelkuchen frisch gebacken von meiner Frau, und der Tag ist schön.“

Im realen Leben machen Sie was? „Ich arbeite bei der Lieblingsbehörde aller Deutschen!“

Beim Finanzamt! „Richtig.“

Sind Sie Spandauer? „Seit 18 Jahren, ja. Für das Ehrenamt muss ich sogar in Spandau leben. Aber ich habe schon querbeet in Berlin gewohnt: Geboren in Moabit, dann Steglitz und Pankow, nach der Hochzeit in Haselhorst mit den Kindern und jetzt in Staaken. Wir leben im etwas vergessenen Teil zwischen dem Hahneberg und dem alten Dorfkern.“

Ihre Wünsche für diese Ecke? „Och, eigentlich bin ich hier glücklich. Ich engagiere mich in meiner Kirche, einer Baptistengemeinde, wir haben auch sehr nette Nachbarn. Wir sind schnell zum Einkaufen in Elstal oder in 10 Minuten in der Altstadt Spandau. Und zum Hahneberg laufe ich nur drei Minuten. Ein toller Ort!“

Was muss sich am Hahneberg verbessern? Wie wär’s mit einem schattigen Biergarten? Die Idee gibt es immer wieder. „Das finde ich persönlich nicht so gut. Das wird mir sonst zu trubelig durch die Touristen, die dann ins Naherholungsgebiet kämen. Ich finde die Natur dort ganz besonders. Die Weite, die Schafe, die Lämmer… und das ist immer noch Berlin!“

Also wunschlos glücklich. „Hier stören eigentlich nur die Raser, die nachts über die Heerstraße heizen: Diese Motorräder können richtig laut sein.“


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  • Verkehrssenatorin Bettina Jarasch muss bei der Wahl in Spandau antreten
  • „Unsere Insel Eiswerder“: Ängste, Neubaupläne und Wünsche ans Rathaus
  • DLRG boomt: Lebensretter mit super Zahlen
  • Schrott-Rampen am Rathaus: BVG und Stadtrat verraten, was aus dem Schandfleck vor dem Rathaus wird
  • Studentenwohnheim mit 300 Apartments: die 1. Simulation
  • Fahrplanwechsel: die neue RB21 und was uns mit Potsdam verbindet
  • Bundestagswahl 2025: Tegelort, Heiligensee und Co rücken nach Spandau
  • Havel, Wannsee und Co: die Wasserschutzpolizei über Unfälle und neue Jetski
  • Lily-Braun-Gymnasium: Spenden für Flügel und ein Konzerttipp
  • „Die drei ???“ in der Zitadelle - und noch viel mehr Kulturtipps
  • Weihnachtsfeste in Gatow, Neukladow, Staaken, am Lutherplatz, in der Wasserstadt und eine LGBTI-Weihnachtsparty
  • Stadion Haselhorst: Delay Sports kommen - und danach die Bauarbeiter
  • SC Gatow spendet Trikots für Fußballer aus den Slums von Nairobi
  • Ehrennadel für diese 8 Spandauerinnen und Spandauer
  • Das alles lesen Sie im aktuellen Tagesspiegel-Newsletter für Spandau unter tagesspiegel.de/bezirke.

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