zum Hauptinhalt
In Berliner Gefängnissen gibt es spezielle Väter-Kind-Gruppen.

© dpa/Paul Zinken

Tagesspiegel-Spendenaktion: Wenn Berliner Kinder und ihre inhaftierten Väter zusammen Plätzchen backen

Das Projekt „aufGefangen“ ermöglicht Vätern in Haft Zeit mit ihren Kindern, denn das hilft beiden Seiten. Nun sammelt der Tagesspiegel Geld für die gemeinsamen Unternehmungen.

Natürlich werden Plätzchen gebacken, es ist ja kurz vor Weihnachten. Die Männer stehen dann am Herd, ihre Kinder neben sich, sie haben viel Spaß, sie lachen. Andere Männer sitzen derweil auf dem Boden. Auch sie haben ihre Kinder neben sich, es gibt Spielzeug, die Laune ist bei allen gut.

„Nach zwei Stunden“, erzählt Lena Würger, „sind die Männer komplett nassgeschwitzt, weil sie sich so intensiv mit ihren Kindern beschäftigt haben“. Es muss intensiv sein, denn mehr als zwei Stunden haben die Väter nicht. Ihre Kinder gehen nach Hause, mit der Mutter oder der Oma. Die Väter gehen zurück in die Zelle.

Sie sind eingesperrt, sie sitzen in einer der vier Vollzuganstalten von Berlin ihre Strafen ab. Mit den Kindern haben sie in speziellen Räumen gespielt. Die Erziehungswissenschaftlerin Lena Würger und ihr Team sorgen dafür, dass sie ihre Kinder einmal im Monat zusätzlich zu den normalen Besuchen sehen dürfen. Ein Highlight im tristen Alltag dieser Väter.

Das Projekt heißt „aufGefangen“, Träger ist der Verein „Freie Hilfe“. Geholfen werden soll beiden Gruppen: den Vätern, vor allem aber den Kindern. „Es gibt Studien, dass Kinder von inhaftierten Vätern ein größeres Risiko für psychische Erkrankungen haben, Probleme mit dem Lernen bekommen oder mehr als andere Gefahr laufen, selbst straffällig zu werden“, sagt Würger. Je mehr Kontakt sie zu ihrem Vater haben, umso stabiler ihre psychische Lage. Es gibt Sechsjährige, die kommen, aber auch 15-Jährige.

Und die Väter, wie profitieren sie davon? „Sie lernen, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen, sie sollen ihre Rolle als Vater ernst nehmen“, erklärt Lena Würger. Die Väter werden auch ruhiger. Gute Führung bedeutet in der Regel frühere Haftentlassung und schnellere Rückkehr zur Familie.

Aktuell betreut „aufGefangen“ 20 Väter im geschlossenen Vollzug, in vier Gruppen. In jeder Gruppe mit fünf Vätern sind maximal zehn Kinder dabei, mehr ist aus räumlichen Gründen nicht möglich. Jede Gruppe ist gleichzeitig im Spielraum.

Oft sind es die ersten gemeinsamen Ausflüge überhaupt

Eine fünfte Gruppe, ebenfalls bestehend aus fünf Vätern, ist im offenen Vollzug inhaftiert. Diese Väter dürfen ihre zwei Stunden mit den Kindern im Freien verbringen, etwa auf dem Spielplatz. Teammitglieder von Lena Würger sind immer dabei, egal ob in der JVA oder draußen.

Mit den Vätern im offenen Vollzug und deren Kindern hat „aufGefangen“ im Sommer einen Ausflug gemacht: zwei Tage am Wandlitzer See, Übernachtung in einer Jugendherberge, teilweise waren auch die Mütter dabei. Zwei Tage, in denen die Väter und ihre Kinder in einer neuen Umgebung ausgelassen zusammen sein konnten. Ein besonderes Erlebnis. „Viele Familien kommen ja aus prekären Verhältnissen, für einige war das ihr erster gemeinsamer Ausflug“, sagt Würger.

Wofür die Spenden der Tagesspiegel-Leser benötigt werden

Für 2024 planen sie und ihr Team sogar zwei Ausflüge. Es soll wieder zum Wandlitzer See gehen, das andere Ziel ist noch offen. Damit die Familien dann auch etwas Besonderes unternehmen können, vielleicht etwas, das Eintritt kostet, bittet „aufGefangen“ um Spenden der Tagesspiegel-Leser.

Die Gefangenen im geschlossenen Vollzug profitieren auf andere Weise vom Projekt. Regelmäßig treffen sich die Väter auch ohne ihre Kinder, um sich auszutauschen. Wie reagiert dein Kind auf die Besuche? Wie löst du bestimmte Probleme? Es sind Themen, die die Männer meist nur in diesem Rahmen ansprechen. Und sie bekommen Antworten, die ihnen weiterhelfen.

Tipps geben natürlich auch die Mitarbeiter von Lena Würger. Zum Beispiel, dass es ziemlich kontraproduktiv ist, die Kinder in den zwei gemeinsamen Stunden mit Süßigkeiten vollzustopfen. Gut gemeint, sagt Lena Würger. Aber dass den Kindern danach schlecht ist, das müssen die Väter oft erst lernen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false