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Illegal: Werbung von Autohändlern

© Jörn Hasselmann

Tausende Plakate an Berliner Laternen: Bezirke mit illegaler Werbung von Autohändlern überfordert

Seit einem Jahr hängen sie illegal an tausenden Berliner Laternen: Plakate von Gebrauchtwagenhändlern. Die Bezirke sind mit dem Abhängen überfordert, Anzeigen laufen ins Leere.

Jeder Autofahrer kennt sie: Die kleinen Plastikkärtchen mit der Aufschrift „Kaufe ihr Auto“, die unter dem Scheibenwischer oder an der Türklinke klemmen. Verteilt werden sie von Gebrauchtwagenhändlern – und die haben nachgelegt. Seit über einem Jahr sind berlinweit an tausenden Laternen große Plakate mit ähnlicher Werbeschrift befestigt worden, meist mit Kabelbindern.

Diese Werbung ist generell illegal, teilte nun die Senatsverkehrsverwaltung auf eine Frage des CDU-Abgeordneten Dennis Haustein mit. „Die Anbringung von Werbeplakaten für den An- und Verkauf von Pkw an Lichtmasten ist in keinem Bezirk erlaubt worden“, teilte der Senat mit. Dies „wäre in der vorliegenden Art und Weise der Plakatierung auch nicht erlaubnisfähig“.

Doch die Händler nennen ihren Namen nicht, nur Handynummern oder E-Mail-Adressen. Die Bezirke sind deshalb mit der Ahndung überfordert. Auch mit dem Abhängen kommen sie nicht hinterher, wie sich aus den Berichten aus den zwölf Berliner Bezirken ergibt, die die Verkehrsverwaltung angefordert hatte.

Nur in Friedrichshain-Kreuzberg ist diese neue Werbeform unbekannt. „Die Plakate wurden in unserem Bezirk bisher nicht gesichtet“, heißt es. Ob die Autohändler diesen Bezirk meiden oder das Ordnungsamt nicht so genau hinsieht, ist unklar.

In allen anderen elf Bezirken sind sie mittlerweile eine regelrechte Plage. Lichtenberg und Reinickendorf haben sogar das Landeskriminalamt (LKA) eingeschaltet, das bei der Ermittlung der Firmen helfen soll. Dennoch sei „der gesamte Prozess aufwändig und schwergängig“, sagt das Bezirksamt Lichtenberg. Aus Reinickendorf heißt es: „In enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt wurde versucht, die jeweiligen Verantwortlichen zu ermitteln. Leider konnten weder die Inhaber der auf den Werbeplakaten angegebenen Telefonnummern noch die der E-Mail-Adressen ermittelt werden.“

Legal ist Werbung für einen Zirkus oder vor Wahlen

© Jörn Hasselmann

Ähnlich äußern sich andere Bezirke. „Um die illegale Nutzung zu unterbinden, wurde versucht, die Urheber der Werbeplakate zu ermitteln. Anrufe und andere Kontaktaufnahmeversuche blieben bislang leider erfolglos“, heißt es aus Neukölln. Ähnlich Treptow-Köpenick: „Aufgrund der sehr zurückhaltenden Angaben auf den Plakaten und der Undurchsichtigkeit des dahinterstehenden Firmengeflechtes sind die Eigentümer und somit eine etwaige Gewerbeanmeldung nicht bekannt.“

Pankow hat den Kampf ganz verloren: „In aufwändiger Kleinarbeit wurde 2022 versucht, die auf den Plakaten unterschiedlich angegebenen Handy-Nummern zu recherchieren. Es wurde eine Person ermittelt und gegen diese ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und ein Gebührenbescheid wegen unerlaubter Sondernutzung erlassen. Die Bescheide und Verfahren mussten wieder zurückgenommen beziehungsweise eingestellt werden, da nicht eindeutig zu beweisen war, dass dieser Autohändler diese Plakate auch aufgehängt hat.“ Hier müsste das LKA helfen, sagt das Bezirksamt Pankow.

Tempelhof-Schöneberg berichtete: „Ermittlungen zu den angegebenen Handynummern liefen ins Leere, da nicht existente Anschlussinhaber registriert wurden.“ Das LKA lehnte die Bitte um Amtshilfe „aus Kapazitätsgründen“ ab, wie der Bezirk weiter mitteilte. In Treptow-Köpenick wurden die Anwohner aufgefordert, die Standorte von Plakaten über die Ordnungsamt-App zu melden. Marzahn-Hellersdorf hat die selbst abgehängten Plakate gezählt: 742.

Die Verkehrsverwaltung hat zudem nach eigenen Angaben eine sogenannte „Wildwerbevereinbarung“ mit der Firma Ilg-Außenwerbung geschlossen. Diese Firma hat das Monopol für Außenwerbung in Berlin und sei berechtigt und verpflichtet, in einem monatlichen Turnus wechselnd in allen zwölf Bezirken Kontrollen im Hinblick auf unerlaubte Werbung im öffentlichen Straßenland durchzuführen und diese zu beseitigen.

2022 seien 2109 unerlaubten Plakate beseitigt worden, „vor allem Auto-Ankauf-Werbung“. Die meisten gab es in Treptow-Köpenick mit 389. In Friedrichshain-Kreuzberg, also dem Bezirk, der die Plakate nicht kennt, waren es 145. Die Kosten für die Beseitigung bezifferte der Senat auf einen „niedrigen sechsstelligen Betrag“. Für Werbung an Masten und Laternen gibt es nur wenige Ausnahmen, nämlich für Wahlwerbung und Zirkusse.

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