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Tag der Clubkultur 2021, Reboot Club Culture im Metropol

© Jasha Müller-Guthof

Techno, Ballroom und erogene Zonen : Berlin feiert eine Woche lang seine Clubkultur

Die besten 40 Berliner Clubs und Kollektive machen sieben Tage lang ein prämiertes Programm. Es geht dabei auch um Freiräume einer in ihrer Existenz bedrohten Kultur.

Der Tag der Clubkultur, von den Veranstaltern zum „längsten Tag des Jahres“ gekürt, ist eigentlich gar kein einzelner Tag, sondern eine siebentägige Veranstaltungsreihe vom dritten bis zum neunten Oktober.

Dass aus dem Tag eine Woche wurde, sei der Historie geschuldet, sagt Katharin Ahrend von der Berliner Clubcommission: „Als der Tag 2020 gegründet wurde, war der dritte Oktober auch der erste Tag, an dem die Clubs nach dem Lockdown wieder aufmachen durften. Wir haben also mit genug Gästen gerechnet. Das ist heute anders, die Clubs haben schon seit Monaten wieder offen und Schwierigkeiten ihre Räume zu füllen.“ Es wären sonst also womöglich zu wenige Gäste, die sich an einem Tag auf zu viele Locations verteilten. Außerdem wollten die Veranstalter nicht, dass durch gleichzeitig stattfindende Veranstaltungen eine Konkurrenz zwischen den Clubs und Kollektiven entstehe.  

Ursprünglich sollte der „Tag der Berliner Clubkultur“ den durch die Corona-Pandemie in ihrer Existenz bedrohten Clubs neue Aufmerksamkeit schenken. Der Tag war ein Erfolg und die Zeiten sind nicht einfacher geworden, weshalb das Projekt auch in den kommenden Jahren, als besondere Anerkennung für die Clubs und Kollektive als essentieller Bestandteil der Berliner Kultur fortgeführt werden soll.

Das Motto der diesjährigen Clubwoche, „Growing Roots - Shaping Space“ (Wurzeln wachsen lassen, Räume formen), soll die Ursprünge der Clubkultur - international und regional - in all ihren Facetten beleuchten und den Fokus auf die Orte legen, an denen sie stattfindet. Einerseits im übertragenen Sinne: Dabei geht es um die kulturelle Bedeutung eines Clubs als sozialer Begegnungsort. Und andererseits ganz physisch: In einer immer enger werdenden Stadt wie Berlin, finden Clubs immer weniger Platz, weshalb der Frage nachgegangen wird, wie die Räume auch in Zukunft zu verteidigen und zu erschließen sind.

Eigentlich war das Motto Thema einer Preisausschreibung. Am 13. September wurden insgesamt 40 Clubs und Kollektive von einem unabhängigen Kuratorium mit mehr als 10.000 Euro ausgezeichnet. Bewerben konnte sich jede Institution oder Initiative, deren Schaffensmittelpunkt Berlin ist und deren Engagement die Berliner Clubkultur prägt. Das Geld kommt von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und der „Musicboard Berlin GmbH“, die zusammen mit der Berliner Clubcommission den Tag, beziehungsweise die Woche, ausrichten.

Tag der Clubkultur 2021: Im vergangenen Jahr war die Partyreihe „Buttons“ im „Club Ost“ Teil des Programms.

© Andrea Rojas

Neben einer Vorstellung ihrer Initiative, mussten die Bewerber:innen ein Veranstaltungsprogramm für den Tag der Berliner Clubkultur präsentieren. Die Ergebnisse der 40 Gewinner:innen, bilden somit das Programm der Woche, welches hier einsehbar ist. „Dabei wurden alle Berliner Clubs aufgerufen teilzunehmen, den Fokus wollten wir aber schon auf die ausgezeichneten Kollektive und Clubs legen“, sagt Ahrend. Wir haben einige Highlights des umfangreichen Programms zusammengetragen.

Wer in den Tag der deutschen Einheit und in den Tag der Clubkultur hineinfeiern will, kann sich bereits am Sonntag ab 16 Uhr in den Club AEDEN in Kreuzberg begeben und dann bis Montagmittag durchfeiern. Die Party „Bodies“ lädt zur „Feier der deutschen Einheit“, mit einem angemessenen Techno-Lineup.

Wer es etwas leiser mag, kann zwischen dem vierten und achten Oktober jeweils zwischen 14 und 20 Uhr, die Ausstellung „Wandel und Wachstum einer ehemaligen Münzprägeanstalt“ in der Alten Münze, zwischen Alexanderplatz und Fischerinsel besuchen. Der Eintritt ist kostenlos. Die Ausstellung thematisiert die bewegte Geschichte des zentralgelegenen Party- und Kulturstandorts. Begleitet wird die Ausstellung von einer Podiumsdiskussion zum Thema „Kulturelle Freiräume“ am sechsten Oktober.

Fans von „queerfeministischen erogenen“ Themen, wird das Kunstkollektiv „Lecken“ ein angemessenes Programm bieten. Am vierten Oktober, zwischen 19 und 22 Uhr zeigen die selbsternannten „Lustaktivst:innen“ im „Fortuna Wetten“ in Neukölln, ein Screening verschiedener Kurzfilme, welche die „Fantasien und den Zugang zur Lust“ zurückfordern wollen. Im Anschluss wird interaktiv diskutiert. Einen Tag später, zur selben Uhrzeit, präsentiert „Lecken“ außerdem performative Lesungen zu den Themen Emotionen, Sex, Zärtlichkeit und Intensität. An beiden Tagen empfehlen die Veranstalter:innen Kissen oder Matten als Sitzgelegenheiten selbst mitzubringen.

Am siebten Oktober findet im Salon der Volksbühne zwischen 16 Uhr und Mitternacht das „Give me Life Festival“ statt. Das Festival ist eine Mischung aus Paneltalks, Workshops und DJ Sets. Es geht um das Thema „Ballroom-Kultur“. Veranstalter:in ist das „House of Melody“, welches als das erste deutsche „House“ gilt.

Die „Ballroom-Kultur“ ist ein Phänomen, das ursprünglich im New York der 80er Jahre populär wurde. Queere Menschen und People of Colour bildeten so genannte „Houses“ , eine Art Zweckfamilien, um der Ablehnung durch die Mehrheitsgesellschaft etwas entgegen zu setzen. Die einzelnen „Houses“ traten dann in Tanzwettbewerben, den „Balls“, in unterschiedlichen Kategorien gegeneinander an. Unter anderem durch die Netflix-Serie „Pose“ rückte die Subkultur in den letzten Jahren in den Fokus des allgemeinen Interesses.

Arabs Do It Better“, ist eine seit 2018 fortlaufende Electro-Hafla-Party, die hauptsächlich mit Musiker:innen aus dem nahen Osten und Nordafrika eine Plattform bietet. Am achten Oktober, ab 16 Uhr kuratieren die Gründer ein Kulturfestival im AL.Berlin, in der Skalitzer Straße 144 in Kreuzberg. Auf drei Floors soll es Kunst, Live Musik und DJ-Sets zu sehen und zu hören geben.

Wer krank ist, nicht krank werden will oder aus anderen Gründen verhindert ist, kann den Tag der Clubkultur auch online verfolgen. Der Online-Radiosender „Refuge Worldwide“, der 2021 von den Betreiber:innen der Fundraising-Plattform „Refuge“ gegründet wurde, sendet zwischen dem dritten und neunten Oktober ein umfangreiches Musik- und Unterhaltungsprogramm.

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