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Ziel des Projekts ist es, Kindern das Selbstbewusstsein zu geben, dass sie sich Lehrern, Eltern oder Hilfsstellen anvertrauen, wenn sie sexuelle Belästigung oder gar Missbrauch erfahren.

© dpa/Jan Woitas

Prävention von sexuellem Missbrauch: Theaterstück „Trau Dich“ soll Berliner Schülern Selbstbewusstsein geben

Das Projekt „Trau Dich“ soll Schülern helfen, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Sie sollen lernen, sich Beistand zu suchen, wenn sie Missbrauch erfahren.

Vladimirs Oma ist ja wirklich okay, bei ihr gibt’s immer Schwarzwälder Kirschtorte und Eis. Aber dass sie ihn zur Begrüßung jedes Mal mit Schlabberküssen überhäuft, das nervt schon ganz gewaltig. Mit zehn Jahren muss man das wirklich nicht mehr haben. Andererseits ist Vladimir auch verdammt schüchtern, er traut sich nicht, seiner Oma zu sagen, dass sie mal Abstand halten soll. Was macht man in so einem Fall?

Diese Frage stellten die Schauspieler der „Kompanie Kopfstand“ am Montag rund 80 Schülern. Die saßen im Zuschauerraum eines Theaters in Wedding, sie hatten gerade das Stück „Trau Dich“ gesehen, jetzt sollten sie Antworten liefern.

Es gab originelle („Man sagt, man habe Corona“) und pragmatische („Man schildert der Oma in einem Brief seine Probleme“ oder „Man bittet die Mutter um Beistand“), aber stets ging es in die richtige Richtung: Lösungen, um Gefühle auszudrücken, Grenzen zu setzen, notfalls jemanden zur Hilfe holen.

Der erste, wichtige Baustein für das eigentliche, große Thema dieses Theaterstücks – die Prävention bei sexuellem Missbrauch – ist, Selbstbewusstsein zu entwickeln, aber auch Lehrer und Eltern zu sensibilisieren für Alarmsignale von Kindern.

„Trau Dich“ ist eine Initiative des Bundesfamilienministeriums und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Seit 2011 können die Bundesländer dieses Projekt in ihren Schulen umsetzen, in Kooperation mit der Bundeszentrale. Elf Länder haben es bereits übernommen, sechs davon dauerhaft.

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Seit Montag gehört Berlin zu diesen sechs Bundesländern. „Trau Dich“ wird seit 2017 in der Hauptstadt aufgeführt, aber bislang hat die Bundeszentrale die meisten Kosten dafür übernommen. Seit Montag finanziert Berlin das Projekt allein mit 90.000 Euro pro Jahr.

Es ist damit dauerhaft in der Stadt etabliert. Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) war bei der Lizenzübergabe im Theater dabei. „Nun werden die bestehenden Präventionsangebote zum sexuellen Missbrauch im Land um einen weiteren Baustein erweitert“, sagte sie.

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Zu dem Projekt gehören auch Fortbildungen für Lehrer und andere pädagogische Fachkräfte. Auch Eltern erhalten vor den Aufführungen Informationen über das Theaterstück und Hinweise für das Gespräch mit ihren Jungen und Mädchen.

Ziel ist es immer, Kindern das Selbstbewusstsein zu geben, dass sie sich Lehrern, Eltern oder Hilfsstellen anvertrauen, wenn sie sexuelle Belästigung oder gar Missbrauch erfahren.

„Einfach die Oma auch mal abschlabbern, dann weiß sie, wie das ist.“

Bisher haben in Berlin bei 28 Aufführungen 6784 Schüler „Trau Dich“ gesehen. Zielgruppe sind Jungen und Mädchen von acht bis zwölf Jahren. Fachstellen wie „Wildwasser“, „Berliner Jungs“ oder „Strohhalm“ sind in das Projekt eingebunden.

An 31 Fortbildungen beteiligten sich bisher 652 Lehrer und andere pädagogische Fachkräfte. 39 Elternabende wurden von 669 Erziehungsberechtigten besucht.

Die mutmaßlich überzeugendste Lösung für Vladimirs Problem lieferte im Podium ein Schüler: „Einfach die Oma auch mal abschlabbern, dann weiß sie, wie das ist.“

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