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Die Stimmung auf dem Bau wird immer schlechter.

© dpa/Arne Immanuel Bänsch

Berlins Wirtschaft ohne Zuversicht : Bau, Handel und Gastronomie im Stimmungstief

Konjunkturumfrage der Berliner Kammern: Rund die Hälfte der Firmen blickt skeptisch in die nahe Zukunft und will kaum noch investieren. Vom neuen Senat ist die Wirtschaft enttäuscht.

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Das konjunkturelle Klima in Berlin ist in diesem Herbst trüber als in den Coronajahren. Rund die Hälfte der Firmen blickt skeptisch in die nahe Zukunft und will kaum noch investieren, ergab die jüngste Umfrage der Kammern. „Es ist das Jahr der enttäuschten Hoffnung“, sagte Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) am Donnerstag. „Die Zeichen mehren sich, dass die Konjunktur weiter abflaut.“ Im ersten Halbjahr war die Wirtschaftsleistung leicht geschrumpft, für das Gesamtjahr erwarte er bestenfalls Stagnation, sagte Eder. 2024 könne man kaum voraussagen, „knapp oberhalb der Wasserlinie wäre gut“, meinte der IHK-Chef.

IHK und Handwerkskammer befragten 670 Unternehmen. Besonders schlecht ist die Stimmung im Gastgewerbe, im Handel und auf dem Bau. „Für den Neubaubereich ist die zügige Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Bau- und Immobilienbranche essenziell“, meinte Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Investitionen für klimagerechtes Bauen und Sanieren könnten sonst „zum Erliegen kommen“. Die größten Probleme seien aktuell und auf absehbare Zeit der Mangel an Gewerbeflächen und Mitarbeitern. Wittke lobte den Senat für das Schneller-Bauen-Gesetz und reklamierte aber auch hier eine rasche Umsetzung.

Die angekündigte Ausbildungsumlage für Betriebe, die nicht ausbilden, das Vergesellschaftungsrahmengesetz und das 29-Euro-Ticket „lasten als schwere Hypothek auf dem Wirtschaftsstandort“, meinte Eder, der wie ein Großteil der Wirtschaft die Landesregierung von Kai Wegner (CDU) im Frühjahr wohlwollend begrüßt hatte. Noch immer empfinde man die Koalition „als Fortschritt“, sagte Eder, weil die Ziele stimmten, das Miteinander besser sei als im vorherigen Drei-Parteien-Senat und die Wirtschaft stärker einbezogen werde. Zum Bündnis für Ausbildung kündigte der IHK-Chef, den Austritt der Wirtschaftsvertreter an, wenn die Politik bis Ende November nicht ihren Beitrag zum Bündnis vorlege.

Giffey ist optimistischer

Pandemie, Inflation, steigenden Zinsen und internationalen Spannungen hätten in den vergangenen drei Jahren „Konsumenten und Produzenten verunsichert und viele ermattet“, heißt es im Konjunkturbericht. Dazu werde der wirtschaftspolitische Rahmen häufig als hemmend wahrgenommen. „Es fehlt an Zuversicht.“ Das gilt nicht für die Wirtschaftssenatorin. „Berlin ist aktuell ein Zugpferd der deutschen Wirtschaft“, meinte Franziska Giffey (SPD) anlässlich der Bilanz des „Sofortprogramms“ des neuen Senats, wozu unter anderem Start-up- und Solar-Förderung sowie der Glasfaserausbau gehörten. „Wir leisten unseren Beitrag als Landesregierung, damit sich Berlin weiterhin gut entwickelt.“

Besonders schlecht ist die Lage auf dem Bau. Hier rechnen 28 Prozent der Unternehmen mit Stellenabbau. „Nur noch ein Drittel der Befragten plant zu investieren; vor drei Jahren waren es zwei Drittel“, heißt es im Konjunkturbericht. Immerhin leichten „Stellenaufwuchs“ planen die Industriebetriebe, obgleich „die Entwicklung des Inlandsabsatzes Sorge bereitet“. Die schwache Nachfrage belastet auch den Handel. Der Onlinehandel entwickelt sich etwas besser als der stationäre Handel, „doch auch er lässt die Dynamik vergangener Jahre vermissen“.

Es ist das Jahr der enttäuschten Hoffnung.

Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK)

Im Gastgewerbe fällt der Geschäftsindikator seit dem Frühsommer deutlich. „Die Spuren der Coronakrise haften der Branche noch an“, und weil nach jetzigem Stand die Mehrwertsteuer 2024 auf das Vor-Krisenniveau steigt, „ahnen viele Unternehmen die nächste Schwächephase“.

Auf eine stabile Konjunktur hoffen unternehmensnahe Dienstleister, vor allem im IT-Bereich. Und vergleichsweise gut laufen die Geschäfte der Handwerker. 42 Prozent der Betriebe sind zufrieden mit der aktuellen Lage, zehn Prozent bewerten sie als schlecht. Allerdings sind die Aussichten mäßig: Nur 15 Prozent erwarten mehr Aufträge in den kommenden sechs Monaten.

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