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© MURAT ASLAN

Berliner Mentalist Timon Krause: „Im Alltag lese ich nicht die ganze Zeit Menschen“

Timon Krause kann Pin-Nummern erraten und Menschen hypnotisieren. Damit ist er ein gern gesehener Gast in Talkshows – und bei „Let’s Dance“. Nun tourt er wieder mit seiner eigenen Show.

Wenn man einer fremden Person vier Minuten lang in die Augen schaut, steigt laut Studien die Wahrscheinlichkeit, dass man sich in sie verliebt. Wenn man hingegen Timon Krause länger in die Augen schaut, kann es sein, dass er die Pin seines Gegenübers errät. Nach eigenen Angaben hat Krause diese Taktik schon bei mehreren ersten Dates angewendet, um am Ende nicht selbst die Rechnung zahlen zu müssen.

Timon Krause hat aus diesem Talent aber keine Karriere als Trickbetrüger oder Kleinkrimineller gemacht. Dafür etwas, was rentenmäßig zwar ähnlich unsicher ist, aber legal: Er wurde Bühnenkünstler. Mentalist, um genau zu sein.

Auf der Bühne errät Krause aber nicht nur Pins und die Farbe der Unterwäsche seiner Zuschauer:innen, er hypnotisiert diese auch oder bringt sie dazu, eine bestimmte Karte zu ziehen. „Zum Mentalismus kam ich, weil ich mit zwölf Jahren eine Hypnose-Show gesehen habe“, sagt Krause auf der Tischtennisplatte eines Kreuzberger Parks sitzend. Der in Moers Geborene wohnt mittlerweile mit seinem Sportmops in einem Berliner Außenbezirk.

Gedankenlesen. Mit 16 Jahren veröffentlichte Timon Krause sein erstes Buch.

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Nach der Hypnose-Show habe er das Gesehene an seinem Bruder ausprobiert. „Das hat gleich beim ersten Mal geklappt“, sagt er, was aber pures Glück gewesen sei. Trotzdem war er danach angefixt und beschloss, sich weiter mit dem Mentalismus zu beschäftigen. Mit Erfolg: Mit 16 Jahren veröffentlichte Krause sein erstes Buch zum Thema Gedankenlesen, mit 21 führte er seine Fähigkeiten in Las Vegas auf der Bühne vor.

Auch seine Ausbildung legte er auf eine Bühnenkarriere aus – nämlich so, dass er damit nichts anderes „Richtiges“ machen könnte, sagt Krause: Er studierte Philosophie. Mittlerweile, mit 29, ist er mit seiner Show „Mindgames“ zum zweiten Mal auf Tour, hat mehrere Bücher geschrieben und ist auch ein beliebter Gast in verschiedenen Unterhaltungs- und Talkshows im Fernsehen. Jüngst war er bei „3 nach 9“, wo er Moderator Giovanni di Lorenzo in Hypnose versetzte.

Krause ist es dabei immer wichtig zu betonen, dass er nicht wirklich Gedanken lesen oder irgendeine Zauberei anwenden kann. Das seien Tricks, gepaart mit psychologischem Verständnis. „Viele Sachen sind beschränkt auf den Bühnenkontext, wo ich eine gewisse Kontrolle habe über das, was die Leute machen“, sagt er.

Natürlich lasse sich manches davon auch im Alltag anwenden. „Aber ich lese in meinem Privatleben nicht die ganze Zeit Menschen. Man kann das ganz gut mit Tänzern vergleichen: Die haben auch im Alltag eine besondere Haltung, ohne dass sie immer tanzen. So ist es bei mir auch, einiges davon geht in den Habitus über, aber ich errate nicht die ganze Zeit irgendwelche Pins oder Telefonnummern, das kostet ja auch viel Kraft und Konzentration.“

Trotzdem hilft Krauses psychologisches Verständnis ihm auch abseits der Bühne. Als er während der Pandemie eine depressive Phase gehabt habe, habe er sich mit psychologischen Tricks selbst geholfen. „Ich habe mich zum Beispiel dazu gezwungen, jeden Tag etwas zu schreiben“, sagt er. Auf seinem Instagram-Account verrät Krause regelmäßig solche „Mind Hacks“ für den Alltag – von Dingen wie „Sich gute Gewohnheiten antrainieren“ oder Tipps gegen Nervosität bis zu „Wie erkenne ich einen Lügner“.

Große Bekanntheit über die an Mentalismus Interessierten hinaus erlangte Krause in diesem Jahr zudem mit seiner Teilnahme an der RTL-Show „Let’s Dance“, in der Promis gemeinsam mit Profitänzer:innen gegeneinander antreten. Krause schaffte es mit seiner Tanzpartnerin Ekaterina Leonova auf Platz 4.

Eine zweite Karriere als Profitänzer strebt Krause aber nicht an. „Wenn ich nicht Mentalist geworden wäre, wäre ich Paläontologe geworden“, sagt er, noch immer sei er stets up to date, was die neueste Dinosaurier-Forschung angehe. Bis Krause sich ganz dieser Leidenschaft widmen kann, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Jetzt steht erst mal der zweite Teil seiner „Mindgames“-Tour an, im Oktober erscheint ein neues Buch von ihm, diesmal ein experimenteller Roman.

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