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Man erreicht sie bundesweit unter der Telefonnummer 116117: die Bereitschaftsärzte der Krankenkassen.

© dpa/Daniel Reinhardt

Deutlich weniger Hausbesuche: Berliner Kassenärzte rücken seltener aus

400 Hausbesuche machten die Bereitschaftsärzte der Berliner Kassenärzte noch vor ein paar Jahren. Heute sind es weniger als halb so viele. Patientenschützer sind unzufrieden.

Von Gisela Gross, dpa

Bereitschaftsärztinnen und -ärzten versorgen heute deutlich weniger Menschen zu hause als noch vor einigen Jahren. Die Zahl der Hausbesuche durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin ist binnen weniger Jahre um mehr als die Hälfte geschrumpft.

Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Gesundheit auf eine parlamentarische Anfrage aus der AfD-Fraktion hervor. Medizinerinnen und Mediziner absolvierten demnach von 2014 bis 2018 jährlich rund 160.000 bis 170.000 Hausbesuche. In den vergangenen beiden Jahren waren es nur noch rund 72.800 und rund 72.300.

Eine Software berät mit

Den deutlichen Rückgang seit 2018 begründet die KV laut der Antwort der Senatsverwaltung vor allem mit der Anwendung einer Software. Sie hilft, den Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten am Telefon einzuschätzen. Nach einigen Fragen an der Hotline gibt das Programm Empfehlungen dazu ab, wie dringlich eine Behandlung ist und welcher Ort dafür angemessen ist. «Seit dem Einsatz dieser Ersteinschätzung konnte der Bedarf an Hausbesuchen reduziert werden», heißt es in der Antwort. Hinzu kämen noch andere Faktoren, die die Zahl der Hausarztbesuche beeinflussen.

Wenn nach der Ersteinschätzung festgestellt wird, dass ein Besuch nicht nötig ist, dann kommt der fahrende Hausbesuchsdienst nicht mehr, was zu einer spürbaren Entlastung geführt hat.

Eine Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung

Vor der Einführung der Software 2020 sei der Bereitschaftsdienst zu allen Menschen gefahren, die einen Hausbesuch wollten, erklärte eine KV-Sprecherin auf Anfrage. «Dies ist heute anders: Wenn nach der Ersteinschätzung festgestellt wird, dass ein Besuch nicht nötig ist, dann kommt der fahrende Hausbesuchsdienst nicht mehr, was zu einer spürbaren Entlastung geführt hat.»

Schwerkranke bekommen Besuch

Zu Menschen, die so schwer krank sind, dass sie nicht selbst in eine Praxis gehen können, oder die etwa am Wochenende dringende medizinische Hilfe benötigen, werde der Hausbesuchsdienst weiterhin geschickt. Wenn die Leitstelle einen lebensbedrohlichen Fall feststellt, wird laut KV direkt der Rettungsdienst kontaktiert.

Andere Patienten würden an „die richtige Versorgungsstruktur“ verwiesen, hieß es. „Das kann der Besuch einer Hausarztpraxis am nächsten Tag sein, der Besuch einer dienstbereiten Praxis oder einer der elf KV-Notdienstpraxen oder das Telefongespräch mit Beratungsärzten, die in der Leitstelle der KV Berlin sitzen“, teilte die Sprecherin mit.

70.000 Beratungen im Jahre

Auch die Beratungsärzte bemerkten einen spürbaren Anteil am Rückgang der Hausbesuchszahlen. Voriges Jahr habe es bei ihnen circa 70.000 Anrufe gegeben, wobei die Anliegen in zwei Dritteln der Fälle abschließend geklärt worden seien. Das heiße, dass die Anrufer nicht zu anderen Versorgungsstrukturen mussten.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte in Anbetracht der Zahlen „die schwindende Erreichbarkeit und Präsenz der kassenärztlichen Angebote“. Diese seien auch Ursachen dafür, dass Rettungsdienste und Notaufnahmen der Krankenhäuser in Berlin seit Jahren überlastet seien. Die Begründungen der KV bewertete Brysch als vorgeschoben. „Es wird Zeit, dass der Verband dem Sicherstellungsauftrag endlich wieder nachkommt.“

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