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Charlie (Olga Luckwald) , Inga (Anne Ratte-Polle) und der Falke Giovanni.  

© NDR/Frédéric Batier/NDR/Frédéric Batier

Dominik-Graf-Film mit Anne Ratte-Polle: Was wir vom Falken lernen können

Der ARD-Film „Mein Falke“ von Dominik Graf ist so schön elegisch, dass sogar die Stadt Wolfsburg erstrahlt. Man möchte am liebsten gleich die Falkner-Kunst erlernen.

Ein totes Baby im Wald, eine Männerleiche im See, ein exhumierter Toter, dessen Identität fraglich ist – viel Arbeit und viele Rätsel für die forenische Biologin Inga Ehrenberg am Klinikum in Wolfsburg und der rasche Irrglaube beim Zuschauer, dass wir es hier mit einem TV-Krimi zu tun haben.

Regiealtmeister Dominik Graf („Fabian oder Der Gang vor die Hunde“, „Im Angesicht des Verbrechens“) hat wieder zugeschlagen und spätestens nach 10, 15 Minuten wissen wir, dass „Mein Falke“ (ARD, 13.12., 20.15 Uhr) eben kein Krimi ist, sondern eine elegante, filmische Meditation über eine Frauenfigur, hinter deren scheinbar zufriedenem Leben sich plötzlich ein existentieller Konflikt auftut. 

An dir hätten sich sogar die Wikinger die Zähne ausgebissen.

Ingas Vater (Jörg Gudzuhn) zu seiner Tochter

Als Ingas allein lebender Vater (Jörg Gudzuhn) behauptet, sie habe eine Halbschwester, die den Kontakt zu ihr sucht, und ein Falkner sie bittet, ein Falken-Junges in Obhut zu nehmen, gerät ihr Leben mehr und mehr aus den Fugen. Fest davon überzeugt, dass der Vogel sie nie verlassen wird, beginnt sie, den Raubvogel zu zähmen. …

Man muss sich einlassen auf die von Anne Ratte-Polle eindringlich gespielte, zunächst spröde-sperrige Frau, deren Fassade mit der Pflege des Falken zu bröckeln beginnt, einlassen auf das berühmte Falkenlied des Kürenbergers („Ich zôch mir einen valken“), auf die Grafsche Montagetechnik, die Stills, diese Primetime-ungewohnte Komposition aus Bild und Ton, die langen Drohnenfahrten über die norddeutsche Tiefebene, die Wolfsburg fast so etwas wie Schönheit verleihen. Einlassen auch auf die schweren Themen Sterbehilfe und Zwangsarbeiter im VW-Werk, die die Autorin Beate Langmaack und Graf in dieser Art spätem Coming-of-Age-Drama wie beiläufig antippen. Und wird belohnt mit 105 (eben nicht gewöhnliche 88!) Minuten öffentlich-rechtlicher Fernsehkunst zur Primetime. Wenn das Gleiten und die Befreiung des Falken den Film gleichsam zum Schweben und zu seinem Thema bringen.

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