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Ein Facharzt arbeitet mit einer elektronischen Patientenakte, die ein E-Rezept zeigt.

© dpa/Jens Kalaene

Elektronische Akte beim Arzt: Bessere Behandlung für die Patienten?

Lauterbach will die elektronische Patientenakte vorantreiben – ab Ende 2024 soll jeder eine solche Akte bekommen, wenn man nicht widerspricht. Doch daran gibt es auch Kritik.

Sie soll die medizinische Versorgung verbessern und die Forschung mit Gesundheitsdaten erleichtern: Die Rede ist von der elektronischen Patientenakte (ePA), die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum Standard in Deutschland machen will. An diesem Donnerstag hat der SPD-Politiker in Berlin die Digitalisierungsstrategie seines Hauses vorgestellt.

Weniger als ein Prozent der gesetzlich Versicherten nutzt derzeit eine elektronische Patientenakte. Der Anmeldeprozess ist aufwendig und auch dürften die wenigstens überhaupt davon wissen. Lauterbach will das ändern und führt daher eine elektronische Patientenakte als Opt-out-Modell ein.

Gemeint ist damit eine elektronische Patientenakte, die für jeden Versicherten automatisch angelegt wird. Wer das nicht will, muss aktiv widersprechen. Offen ist allerdings noch, wie das möglich sein wird und mit welcher Kommunikationsstrategie zu dem Vorhaben aufgeklärt wird.

Vorbild ist Österreich

Doch der Minister ist ohnehin davon überzeugt, dass die wenigsten das tun werden. Bis Ende 2024 soll die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Versicherte eingerichtet werden. Bis 2025 sollen 80 Prozent der Versicherten eine ePA haben, sagte Lauterbach. Vorbild ist Österreich, wo nur drei Prozent widersprochen hätten.

„Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück“, sagte der Minister. In der privaten Krankenversicherung gibt es hierzulande bisher keine ePA.

Mit der Anwendung soll Versicherten der Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten ermöglicht werden. Es geht etwa um die Erläuterung von Diagnosen und die Erinnerung an Impftermine. Leistungserbringern soll die Anwendung ein lückenloses Bild über den Gesundheitszustand eines Patienten ermöglichen.

Als Beispiel werden gerne Vorerkrankungen oder verschriebene Medikamente genannt. Anfangs dürfte sich der Umfang aber auf Befunde als PDF-Dateien beschränken.

Die Digitalisierung soll die Forschung erleichtern

Für eine vollständige Digitalisierung braucht es allerdings Daten, die austauschbar sind. Dann können Ärzt:innen die ePA auch zum Teilen von Daten nutzen, die andere Kolleg:innen erhoben haben, selbst wenn Versicherte über keine entsprechende App verfügen.

Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück.

Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister

Lauterbach sprach von einem „Sprung bei der Verbesserung der Versorgung“. Aber vor allem will er durch die ePA die Forschung mit Gesundheitsdaten erleichtern. Denn die dort abgelegten Informationen sollen auch ohne Zustimmung nutzbar werden.

Ein Entwurf für ein dafür nötiges Gesundheitsdatennutzungsgesetz wird in den kommenden Wochen erwartet. Ein Digitalgesetz soll den rechtlichen Rahmen für Anwendungen wie die ePA setzen.

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Bis Ende 2026 will der Gesundheitsminister mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten über ein Forschungsdatenzentrum verwirklichen. Lauterbach verwies darauf, dass dies auch verhindern soll, dass Pharmaunternehmen in andere Länder abwandern, weil sie dort für die Entwicklung neuer Behandlungen vorhandene Patientendaten einfacher nutzen können. Als Beispiel nannte er die Biotechnologie-Firma Biontech, die erst kürzlich einen Teil ihrer Forschung nach England verlagerte.

Kritiker bemängeln, dass eine ePA nun als Widerspruchslösung durchgesetzt wird und nicht durch die Akzeptanz für eine attraktive Lösung. „Schweigen bedeutet nicht Zustimmung“, sagte etwa Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er warnte zudem davor, nicht technisch versierte Menschen in ihren Rechten zu beschneiden. Dazu gehörten mehr als 20 Prozent der über 65-Jährigen.

Zudem sehen insbesondere Datenschützer das Sammeln von massenhaft Daten als mögliche Sicherheitsgefahr. Kommen Daten abhanden, drohen soziale Stigmatisierung oder Diskriminierung für die betroffenen Personen etwa auf dem Arbeits- und Versicherungsmarkt. Als sicherer gelten andere Vorschläge zu einer ePA-Infrastruktur.

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