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Aus Sicht der Gleichstellung sind mehr Frauen in Spitzenjobs natürlich wünschenswert. Aber dann müssen die Männer reduzieren, damit Zeit für die Familie bleibt.

© imago stock&people

Fachkräftemangel: Noch mehr arbeiten? Nein, danke

Mütter und Väter haben schon genug zu tun. Statt ihre Wochenarbeitszeit zu erhöhen, sollte die Gesellschaft lieber überdenken, in welchen Berufen sie am meisten gebraucht werden.

Ein Kommentar von Miriam Schröder

Mit Deutschlands Wohlstand geht es bergab. Dem Land der Weltmarktführer fehlen die Fachkräfte, die es braucht, damit das Bruttoinlandsprodukt wächst. Und wer soll es richten? Die Frauen.

Die staatliche KfW-Bank empfiehlt, die Erwerbstätigkeitsquote von Frauen, die derzeit bei 70 Prozent liegt, zu erhöhen, was auch Ziel des Koalitionsvertrags ist. Familienministerin Lisa Paus wünscht sich, dass Mütter, die in Teilzeit arbeiten, ihre Wochenstunden aufstocken.

Um die Frauen zu motivieren, sollen sie gerechtere Löhne bekommen, Vorstandsposten und Kitaplätze. Die Männer sollen die Kinder auch mal betreuen, wenn sie krank sind. Aus Sicht der Gleichstellung sind das alles längst überfällige Maßnahmen. Das Fachkräfteproblem aber lösen sie nicht.

Klar, Mütter dürfen dann noch mehr arbeiten und Väter auch mal schnell aus dem Büro zur Kita hetzen. Ihre Stelle reduzieren können sie angesichts der Lage ja schlecht. Dann fehlen der Volkswirtschaft unter dem Strich wieder Arbeitsstunden.

Viele Eltern sind jetzt schon gestresst

Die Frauen könnten den Wohlstand retten, aber am Ende haben alle noch mehr Stress. Das kann so nicht gewollt sein. Schon vor Corona, Krieg und Preiskrise fühlten sich 40 Prozent aller Eltern dauerhaft unter Druck gesetzt durch den Spagat zwischen Beruf und Familie.

Statt mehr Arbeit wünschen sich viele von ihnen eine Vier-Tage-Woche und Vollzeitjobs, die während der Kita-Öffnungszeiten erledigt werden können. Auch das ist schließlich eine Form von Wohlstand.

Aber der Fachkräftemangel? Den gibt es womöglich gar nicht, wie die Bundesregierung kürzlich erklärte. Von einem nur „empfundenen“ Fachkräftemangel spricht auch der Arbeitsmarktökonom Simon Jäger. Es sei alles eine Frage der Verteilung von Ressourcen.

Die eigentliche Frage ist also: Wo schafft Arbeit eigentlich den größten Wert? In der Autoindustrie oder beim Bau von Windrädern? In der Altenpflege oder im Investmentbanking? Darüber sollte man noch mal nachdenken, bevor man Frauen – oder Männern – die Wochenarbeitszeit erhöht.

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