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Das Geothermalkraftwerk Krafla steht auf Island.

© imago/imagebroker/Bearbeirung: Tagesspiegel

Geothermie: Kann sie der Energiewende einen Schub geben?

Gemeinden und Städte setzen vermehrt auf Geothermie im Energiemix. Kann diese Technologie der Energiewende einen Schub geben? Die Einschätzung dreier Experten.

Von Jakob Schlandt

Nicht nur Bundeskanzler Olaf Scholz setzt auf Geothermie. „Unser Ziel ist es, so viel Erdwärme wie möglich bis 2030 zu erschließen“, sagte er unlängst. Kann die Geothermie der Energiewende einen Schub geben? Drei Experten antworten. Alle Folgen von „3 auf 1“ lesen Sie hier.


Die Zusatznutzen der Geothermie

Geothermie ist ein wichtiger Baustein für klimaneutrales Heizen in Deutschland. In vielen Weltregionen dient Geothermie bereits heute als zuverlässige Wärme- und Energiequelle. Auch bei uns, etwa im Oberrheingraben oder im Rosenheimer Becken, versorgen schon einige Anlagen Gemeinden und Betriebe zuverlässig mit Fernwärme. Wenn wir die Fernwärme auf Basis dieser fast unerschöpflichen Energiequelle ausbauen, leisten wir auch einen wichtigen Beitrag zur CO₂-Freiheit unserer Wärmegewinnung.

Geothermie bringt nicht nur so viel Wärme aus dem Erdinneren, dass viele Städte damit die Grundlast in Fernwärmeprojekten sicher abdecken können. Im Oberrheingraben liegt außerdem Lithium – ein für Batteriebauer äußerst wichtiger Rohstoff. Als Nebenprodukt der Geothermie könnte das heiße Wasser zusätzlich Lithium aus der Tiefe holen. Dieses heimische Lithium hat das Potenzial, uns unabhängiger von schwierigen Handelspartnern zu machen, Speichertechnologien in Deutschland zu stärken und der weiteren Elektrifizierung einen zusätzlichen Schub zu verleihen.


Schubkraft für die Energiewende

Das Potenzial dazu hat sie, und dies insbesondere für die Wärmewende: Unsere Studien zeigen, dass tiefe und oberflächennahe Geothermie 25 beziehungsweise 75 Prozent des Wärmebedarfs decken können. Die hierfür notwendigen Technologien sind erprobt und vorhanden. Oberflächennahe Geothermie stellt vor allem für Gebäude und Quartiere eine Lösung dar, die grundsätzlich bereits heute zur Verfügung steht. Die größte Herausforderung bildet derzeit der Fachkräftemangel.

Für großtechnische Anwendungen, wie die Bereitstellung von Fern- und Prozesswärme, ist die Tiefengeothermie relevant. Hier braucht es jedoch zusätzlich einerseits finanztechnische Instrumente zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos und andererseits ein zielgerichtetes nationales Explorationsprogramm. Denn in vielen Regionen muss das Wissen um den Untergrund noch erweitert werden. Auf diese Weise können die regionalen Akteure, das vorhandene Potenzial nutzen, und die tiefe Geothermie ihre Schubkraft für die Energiewende voll entwickeln.


Unerschöpflich und ökologisch sauberer

Die Diskussion um das Heizungsgesetz hat die nächste große Baustelle der Energiewende in den Blick gerückt: die Transformation der Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrie. Klar ist, dass dabei verschiedene Bausteine eine Rolle spielen werden, von höherer Effizienz bis zum Einsatz klimaneutraler Gase. Aber von besonderer Bedeutung wird der Ausbau von Wärmepumpen sein. Diese können besonders energieeffizient mit oberflächennaher Geothermie kombiniert werden. Auch die Nutzung von Wärme aus tiefen Gesteinsschichten kann einen nennenswerten Beitrag zur Wärmeversorgung leisten.

Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Geothermie ist rund um die Uhr verfügbar, praktisch unerschöpflich und hat einen geringen ökologischen Fußabdruck. Steigende Kosten für fossile Energieträger machen sie auch zunehmend wirtschaftlich. Wird es gelingen, das große Potenzial der Geothermie zu erschließen? Das wird von den geeigneten regulativen Rahmenbedingungen und der sachgemäßen Umsetzung der Projekte vor Ort abhängen: lokale Akteure müssen eingebunden, die Öffentlichkeit beteiligt und mögliche Risiken sinnvoll eingegrenzt werden.

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