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Zeugin der Nebenklage, Geschädigte, Bieglers Mandatin in „Sie sagt. Er sagt“:Moderatorin Katharina Schlüter (Ina Weisse).

© ZDF und Julia Terjung/julia terjung

Gerichtsdrama nach Schirach im Fernsehen: Vergewaltigung oder Sex mit Einverständnis?

Der Film „Sie sagt. Er sagt.“ will die Regeln der deutschen Strafgesetzgebung sichtbar machen. Er thematisiert dabei auch die Rolle von Shitstorms.

Ein Fall von hoher öffentlicher Aufmerksamkeit: Die bekannte TV-Moderatorin Katharina Schlüter (Ina Weisse) und den Industriellen Christian Thiede (Godehard Giese) verbindet eine jahrelange heimliche Affäre. Jetzt sitzen sie einander als feindliche Parteien im Berliner Landgericht gegenüber. Es geht um den Vorwurf einer Vergewaltigung. Es steht Aussage gegen Aussage.

„Sie sagt. Er sagt.“ (ZDF, 26.2., 20.15 Uhr, ZDF Mediathek) ist klassisches Gerichtsdrama. Und ähnlich wie in Billy Wilders „Zeugin der Anklage“ sind wir Zuschauer über fast 100 Minuten Spielball der Aussagen, hängen an der Rhetorik von Ankläger, Verteidiger, Zeugen, gestützt auf dem feinen Buch vom Juristen und Schriftsteller Ferdinand von Schirach sowie der klugen Regie von Matti Geschonneck, die jedem Mienenspiel, jedem Wimpernschlag folgt.

Ich kann verstehen, dass sich eine Frau dem nicht aussetzen möchte.

Matthias Brandt im Tagesspiegel-Interview über die fulminante Rolle der Öffentlichkeit bei so einem Gerichts-Drama.

Im Zeugenstand schildert Schlüter, wie aus dem zunächst einvernehmlichen Sex in Thiedes Wohnung eine Vergewaltigung wurde. Doch reichen Indizien wie Spermaspuren auf dem Kleid, das sie an dem Tag trug, als Beweismittel aus? Die Öffentlichkeit ist aufgewühlt. Hate-Mails überziehen die Klägerin.

Man muss so einen Gerichtsfilm schon mögen, so komplett ohne action. Die Richterin vernimmt Sachverständige und Zeugen, Strafverteidigerin Breslau und der überforsche Anwalt der Nebenklage, Biegler (Matthias Brandt), liefern sich Wortgefechte und eindrückliche Plädoyers, bis hin zu einer unerwarteten Wendung der Verhandlung (ähnlich wie in „Zeugin der Anklage“).

Was ist Wahrheit? Was Erfindung? Was mediale Vorverurteilung? Ein Film mit klasse Besetzung und überraschendem Ende, der mehr die Rolle von Shitstorms und die Regeln der deutschen Strafgesetzgebung sichtbar machen will als die Schuldfrage, der Tatbestand einer Vergewaltung bleibt offen. Das alles mitten hinein in ein sehr aktuelles Thema: die MeToo-Debatte und die EU-Richtlinie zum Schutz von Frauen gegen Gewalt, die von Deutschland noch blockiert wird.

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