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Junge Menschen ahnen, dass sie es schwerer haben werden als vorherige Generationen.

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Kein Generationenkonflikt : Die Jugend braucht Hilfe – jetzt sind die Älteren gefragt!

Junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren leiden unter psychischem Druck. Die Babyboomer sollten sie unterstützen, anstatt vorschnell zu urteilen.

Ein Kommentar von Saara von Alten

Ein Generationenkonflikt „Boomer versus Gen Z“ bleibt aus. Das ist die gute Nachricht der neuen Trendstudie „Jugend in Deutschland“, die seit 23 Jahren von Sozialforschern erstellt wird und am Dienstag präsentiert wurde – zum ersten Mal mit einem Generationenvergleich.

Eine wesentliche Erkenntnis: der Wertekompass tickt bei fast allen Befragten gleich. Egal ob 20, 40 oder 60 Jahre. Die meisten Deutschen wünschen sich „eine gute Arbeitsatmosphäre“, „gute Vorgesetzte“ und eine „gute Balance von Arbeit und Freizeit“. Warum auch nicht? In was für einer Welt wolle man denn sonst leben – könnte man hier allen Kritikern entgegnen. Denen, die gerne auf der „heutigen Jugend“, populärwissenschaftlich als Generation Z bezeichnet, herumhacken und ihnen vorhalten, wie Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles, dass Arbeit wahrlich kein Ponyhof sei.

Es sind aber eben die Jungen, die 14- bis 29-Jährigen, die aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation, grob betrachtet, die erste Generation seit den Babyboomern ist, die sich solch ein forsches Verhalten erlauben darf. Die sich nicht mehr von Praktikum zu Praktikum hangeln muss und anstatt vor Vorgesetzten immer nur einzuknicken, endlich mal was einfordern kann.

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Bei den Älteren ist da sicherlich oft Neid dabei. Das hätte ich mich nicht getraut, erst mal liefern, anstatt sofort alles immer nur verlangen, raunt es oft von den Bürofluren. Doch laut der Studie sind das Einzelmeinungen. Es ist sogar anzunehmen, dass die Älteren den Jüngeren für ihr anspruchsvolles Auftreten auch dankbar sind. Immerhin haben sie ihre Kinder spätestens seit den 70er Jahren in diese Richtung erzogen.

Und faul, das seien die jungen Menschen nun wahrlich nicht, wie nicht nur die Sozialwissenschaftler (Simon Schnetzer, Kilian Hampe) um den bekannten Jugendforscher Klaus Hurrelmann betonen, sondern auch zwei 18-jährige Frauen, die bei der Präsentation einen Einblick in die Lebenswelt junger Erwachsener geben konnten. Die „fordernde Jugend“ wolle laut der Studie sogar gerne Chef sein. Nur eben in fachlicher Hinsicht und in einer modernen Arbeitswelt. Die 18 Jahre alte Abiturientin und Start-up-Gründerin Nour Idelbi fordert sogar ein, „unterstützt uns und hilft uns, früh mit einem eigenen Unternehmen selbstständig zu werden“.

Junge Menschen leiden unter Zukunftsängsten und haben die Folgen der Pandemie immer noch nicht verarbeitet.

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Also alles gut? Nein, denn ein sehr deprimierendes Ergebnis der Studie ist die schlechte psychische Verfasstheit der unter 30-Jährigen. Sie sind um ein Vielfaches gestresster und erschöpfter als die Älteren. Sie leiden dreimal so häufig an Selbstzweifeln als die 50- bis 69-Jährigen und haben doppelt so häufig Suizidgedanken (insgesamt gaben das sechs Prozent der 14- bis 29-jährigen Befragten an).

Die Vielzahl an Möglichkeiten ist auch belastend

Die Gründe benennt Hurrelmann so: Die jungen Leute setzten sich selbst zu sehr unter Druck. Sie hätten „hohe Ziele, hohe Ansprüche“, und die Coronakrise habe bei vielen das Selbstwertgefühl dezimiert. Und jetzt, nach zahlreichen Viruswellen, zwischen Krieg und Klimakrise, sei die Lebensplanung „äußerst komplex“.

Das Angebot an Jobperspektiven ist groß, so erklären es auch die jungen Frauen. Aber die Vielzahl an Möglichkeiten sei für viele Altersgenossen auch eine Belastung. Und werden nicht irgendwann sowieso viele Berufe nicht von einer künstlichen Intelligenz übernommen? Nach der Abiturprüfung hätten viele ihrer Schulkameraden und -kameradinnen geweint, weil sie Angst vor der Zukunft hätten, Angst davor, es nicht zu schaffen, erzählt die 18-jährige Frau aus Münster.

Die fetten Jahre sind vorbei. Was für die Generation Y noch ein Filmtitel war, hat sich mittlerweile in das Gewissen von jungen Menschen eingeschlichen. Sie ahnen, dass sie deutlich mehr arbeiten müssen, um ein ähnlich gutes Leben wie die Eltern zu führen.

Für diese schwierige Ausgangslage haben Sie nicht nur Respekt, sondern auch ein ehrliches, vor allem effektives Hilfsangebot verdient. Das zu entwickeln, müsste eigentlich die ältere Generation übernehmen, die weitaus öfters als die Generation Z angab, dass für sie Arbeit vor allem etwas Sinnstiftendes sei und sie es weniger als die Jüngeren nur für Geld tun würden. Auch solch eine Aussage muss man sich erst einmal erlauben können.

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