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Im Unterhaus. Ingo Zamperoni in der Kulisse des TV-Parlaments.

© Foto: NDR/Christian Spielmann

Bürger haben das Wort: Wenn Zamperoni „Order!“ rufen muss

Können Debatten von allen geführt werden? Der NDR und Ingo Zamperoni wollen Zuschauer mit einem Bürgerparlament“ noch mehr zu Wort kommen lassen.

„Tagesthemen“-Moderation, USA-Vorwahlen-Reportage, Talkshow-Gast, nun auch noch Präsident – Ingo Zamperoni ist bei der ARD offenbar nicht zu stoppen. Gut, Zamperoni wird jetzt nicht gleich Politiker, er übernimmt beim NDR im neuen Format „Bürgerparlament“ die Rolle des „Parlamentspräsidenten“.

Bürgerinnen und Bürger sollen hier miteinander diskutieren, ohne Expertinnen, ohne Politiker, mit Argumenten statt mit Polemik, scharf, aber respektvoll. Falls das mal schief geht, muss Zamperoni als Moderator zur Stelle sein. Beteiligt an der Diskussion sind rund 20 Menschen quer durch die gesellschaftlichen Schichten, die sich vorab online um die Teilnahme beworben haben. Dazu kommt Publikum, das ebenfalls seine Meinung sagen kann( „Verzicht, nicht mit mir! – Das Bürgerparlament!. NDR, Dienstag, 22 Uhr).

Noch ein TV-Talk also. Was verspricht sich Ingo Zamperoni von dem Format? „Das Reizvolle ist, dass es ein Experiment ist, und wir nicht so richtig vorausplanen können, in welche Richtung es geht“, sagt der ARD-Journalist dem Tagesspiegel. Ziel sei es, die ganze Bandbreite von Meinungen, die es in der Gesellschaft gibt, abzubilden und damit einen offenen Debattenraum zu schaffen. Das heißt, auch mal andere Meinungen auszuhalten, ohne dem anderen gleich an die Gurgel zu gehen.

Inspiriert haben den NDR die Debatten im britischen Unterhaus. Daran lehnt sich auch die Studiokulisse an. In den Niederlanden gibt es seit Jahren ein ähnliches Format. Beim RBB hat man sich so einem TV-Forum mit „Wir müssen reden! Der RBB-Bürgertalk“ angenähert, Politiker und Experten inmitten eines Publikums, dass auch Fragen stellen darf.

Keiner möchte betroffen sein

Ähnlich der WDR mit Bettina Böttinger und dem Zuschauer-Talk „Ihre Meinung“. Der NDR geht weiter, ohne Experten. Richtig zu trauen scheint man dem neuen Format allerdings noch nicht. Es sind erst einmal nur zwei Piloten geplant.

Die Premiere ist eingebettet in die ARD-Themenwoche „Wir gesucht“. Es gehe dem Sender darum, sagt Zamperoni, den vielen Meinungen, die das „Wir"“ ausmachen, eine Plattform zu geben. Beim „Bürgerparlament“ solle sich zeigen, dass verschiedene Meinungen keine Ausnahme sind, sondern in einer Demokratie der Regelfall.

Und dass Debatten von allen geführt werden können. Passend zur ARD-Themenwoche das Thema der ersten Ausgabe: „Verzicht, nicht mit mir!“ Alle fordern dazu auf, den Gürtel enger zu schnallen, keiner möchte betroffen sein. Die Solidarität scheint aufgebraucht. Sind Politiker in der Lage, die Herausforderungen zu bewältigen? Geht es dabei gerecht zu? Das Thema dann eine Woche später (15.11., 21 Uhr): „Gendern, Euer Ernst? – Das Bürgerinnenparlament“.

Das klingt schon auch nach Zoff. Die Bürgerinnen und Bürger sollen durch Aufstehen signalisieren, dass sie das Wort wünschen. Sie haben maximal 60 Sekunden Zeit, ihr Argument passgenau und konzentriert zu platzieren.

Klar, dass der Diskussionsverlauf bei 20 Teilnehmern/Bürgern, sozusagen von der Straße aufgelesen, vorab nicht so klar einzuschätzen ist wie beim Talk-Casting mit Politikern à la „hart aber fair“. Viel Arbeit für den „Parlamentspäsidenten“. Ingo Zamperoni muss fürchten, auch schon mal „Order“ rufen zu müssen, wie der Speaker im britischen Unterhaus. „Na ja, es soll ja auch zur Sache gehen, ich vertraue darauf, dass sich alle an die Spielregeln halten. Wenn nicht, muss ich dazwischen gehen.“ Entspannter wird es dann wieder bei den „Tagesthemen“.

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