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Fragen zum Sport? Der wegen einer Corona-Erkrankung in Deutschland gebliebene ARD-Doping-Reporter Hajo Seppelt bei Julia Scharf zum Thema Cybercrime in China.

© BR

Olympiaberichterstattung im Fernsehen: „Mit der Bevölkerung zu sprechen, ist nicht erwünscht“

Zwischen Jubelberichten, Quotendelle und heftiger Kritik: Die Olympia-Berichterstattung bei ARD & ZDF schafft den Spagat.

Olympische Winterspiele in Peking, Fernsehspiele. Fast eine Woche ist rum. Schaltet man tagsüber den Fernsehen ein, sieht man bei ARD und ZDF ständig weiß, wenn auch Kunstschnee. Da drauf Bekanntes und weniger Bekanntes: Nordische Kombinierer, Bob, Rodeln, Skispringen, Biathlon, Snowboard Crossing, Halfpipe.

Zwischendrin ARD-Sportreporter Thomas Braml, der beim Curling-Finale beinahe den nächsten Shitstorm herbei redet, als er fragt, ob sich das norwegische Ehepaar – wie beim Wischen auf dem Eis in Peking – zuhause auch so einig sei. Ob der Mann da beim Putzen in Oslo richtig mitziehe? Was für Rollen-Klischees. Gut, dass das am frühen Dienstagnachmittag nicht ganz so viele Zuschauer mitkriegen, wie sich das ARD und ZDF vorher gewünscht haben.

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Olympia im Fernsehen ist (noch) nicht das ganz große Zuschauerding. Nach den ersten Übertragungstagen erreichen ARD und ZDF mit der Olympiaberichterstattung im Schnitt 1,94 Millionen Zuschauer (24,2 Prozent Marktanteil). Die Marktanteile liegen unter denen der vergangenen beiden Spiele, so ein ZDF-Sprecher. Hier müsse berücksichtigt werden, dass 2022 noch viele Wettbewerbe mit Medaillenchancen in zuschauerstarken Sportarten ausstehen.

In der Spitze sind es schon mal 4,2 Millionen Zuschauer, die den Sprung von Katharina Althaus zur Silbermedaille verfolgt haben. Nach nur zwei Sendetagen könne man noch keine finale Einordnung geben, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, "bislang sind wir aber mit dem Zuschauerinteresse an unseren Übertragungen von den Olympischen Spielen sehr zufrieden".

In den USA sind die Zuschauerzahlen allerdings drastisch eingebrochen. Dem ersten Wettkampftag schauten auf NBC im Schnitt 12,8 Millionen Menschen zu. 2018 hatte der Durchschnittswert bei 27,8 Millionen Zuschauern gelegen.

Die Sicherheitsmaßnahmen seien „völlig unzureichend"

Zu tun haben Moderatoren und Reporter natürlich trotzdem, Rudi Cerne gar in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch. Ab neun Uhr unterhalten Julia Scharf (ARD) oder Katrin Müller-Hohenstein (ZDF) aus dem Studio in Mainz mit Wettkampfschalten und Interviews. Wenn zwischen Abfahrt, Eishockey und Halfpipe mal Ruhe ist in Peking, kommen sportpolitische Hintergrundberichte ins Programm.

Und das gefühlt weniger pflichtschuldigst als vor fünf, zehn Jahren, als man öfters das Gefühl hatte, ein Hajo Seppelt hätte sich neben Tom Bartels für sein kritisches Tun zu entschuldigen. Der wegen einer Corona-Erkrankung in Deutschland gebliebene ARD-Doping-Reporter Seppelt berichtete am Dienstag über die mangelnde Cybersicherheit in China, Stichwort App-Überwachung.

Die Sicherheitsmaßnahmen seien „völlig unzureichend, um zu verhindern, dass sensible Daten unberechtigten Dritten zugänglich gemacht werden“.

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Mittendrin Reporter Claus Lufen, der, frisch aus der Corona-Quarantäne entlassen, von der Bob-Bahn in Peking zugeschaltet wird: „Man fühlt sich als Journalist überwacht.“ Kurze Zeit später sitzt eine uigurische Menschenrechtlerin bei Julia Scharf im Studio. Ein Ton, den die ARD auch schon vor den Spielen mit der Doku „Spiel mit dem Feuer“ gefunden hatte, wo sich Ski-Experte Felix Neureuther bravourös als Polit-Reporter schlug.

Jeder Versuch, mit der Bevölkerung zu sprechen, ist nicht erwünscht

„Es gibt täglich genug zu tun, von Sportpolitik bis zum Thema Doping“, sagt auch Hajo Seppelt, der von Mainz aus berichtet, dem Tagesspiegel. Es sei schwierig für das Team in Peking, da nur in sehr begrenzten Bereichen gedreht werde dürfe.

„Mittels zugespielten Dokumenten und vertraulichen Gesprächen am Telefon können wir arbeiten und berichten, benutzen aber nicht unsere normalen Telefone, sondern kommunizieren über andere Wege.“ Das bestätigt ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann: „Die Bewegungsmöglichkeiten in der Blase sind eingeschränkt. Jeder Versuch, mit der Bevölkerung zu sprechen, ist nicht erwünscht und wird behindert.“

Die TV-Spiele also zwischen Sicherheits- und Menschenrechtsfragen und Jubelberichterstattung – ARD und ZDF bekommen diesen Spagat im ersten Olympia-Drittel recht gut hin. Insgesamt 1700 Stunden werden ARD, ZDF und Eurosport von den Spielen übertragen, im TV, als Stream, auf Instagram.

Da kann man nicht dauernd miese Stimmung verbreiten, gegen die Inszenierung von vorbildlichen Spielen im Sinne des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und IOC-Präsident Thomas Bach ansenden, sondern darf am Mittwoch im ZDF auch mal Olympiasieger Vinzenz Geiger feiern. Und weiter Fans für die Trendsportart Curling gewinnen. ARD-Experte Thomas Braml darf wohl noch mal ran.

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