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Jan Georg Schütte und Bjarne Mädel in „Kranitz“. 

© ARD Degeto/NDR/Thomas Leidig

Schütte zum Staffelstart von „Kranitz“: „Geht eher zum Paartherapeuten!“

Fans der Impro-Serie können sich über neue Folgen freuen. Zuvor redet Regisseur und Darsteller Jan Georg Schütte über gute Beziehungen, Tinder und Schauspieltalente.

Herr Schütte, was ist der perfekte Tag für Sie?
Auha. Ausschlafen, gutes Frühstück, Zeitung lesen. Sex. Natur. Im Idealfall draußen schwimmen. Dann noch mal lecker Essen. Ich esse mindestens dreimal pro Tag. Abends Ausklang am Feuer.

Sie gelten mit lhren Serien und Filmen als Meister der lmprovisation. Für mich ist das das Gegenteil von Perfektion. Woher kommt diese Lust, zu improvisieren, im Vertrauen darauf, dass das klappt, dass das alles nach was aussieht?
Das ist bei mir die Suche nach der absoluten Wahrhaftigkeit. Also doch Perfektionssuche. Einen wahrhaftigen Ausdruck finde ich im konventionellen Dreh fast nie. Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel die Serie „In Treatment“.

Mit Gabriel Byrne.
Ja. Diese Art von perfekter Schauspielerei, wo der Schauspieler sich selber überrascht und ich ihm jedes Wort, jeden Augenaufschlag glaube, kriege ich im deutschen Fernsehen fast nie geliefert. Das soll jetzt aber kein Bashing sein. Ich bin Fan vom „Tatortreiniger“. Es geht schon auch, mit guten Drehbüchern.

Haben Sie da keine Angst vorm Scheitern? Als Schauspieler im Münsteraner „Tatort“ neulich durften Sie Drehbuchsätze aufsagen. In einer Ihrer neuen „Kranitz“-Folgen mit Peter Simonischek und Alice Dwyer stockt es manchmal im Dialog.
Es kann scheitern, klar, wie jede Regie. Das kostet mich vorher schlaflose Nächte. Ich gebe einen Startpunkt, und die Schauspieler legen los. Wenn ich mir die Paare in der Serie, die Konstellation nicht richtig überlegt habe, kann mir das komplett um die Ohren fliegen.

Kommen wir zum „Kranitz“-Thema: Beziehungen, Liebesbeziehungen, Beziehungswracks, Paartherapie. Warum das?
Unser ganzes Leben ist Beziehung. Wenn ich keine Beziehung habe, lebe ich nicht. In „Kranitz“ ist es etwas weiter aufgestellt: die Beziehung des Paartherapeuten zum Kumpel Manni oder zu einem jungen Patienten, eine Art Vater/Sohn-Geschichte, ein Junge, der ohne seine Mutter nicht glaubt leben zu können.

Waren Sie mal in Therapie?
Tatsächlich, ja. Ich finde das eine gute Sache. Ein wichtiger Auslöser, dass ich überhaupt in diesen Regieberuf gekommen bin, weil ich mit meinem Schauspielerberuf am Endpunkt war. Dann habe ich eine systemische Aufstellung gemacht. Das gab mir einen Ruck, eine Erkenntnis, wo es hin gehen soll. Ich habe diesen Beruf aus Interesse an Menschen ergriffen. Andere ergreifen ihn vielleicht aus Interesse an action, oder an Bildern. Ein bisschen was kommt aber auch von zuhause. Mein Vater hat als Therapeut gearbeitet.

Wo ist der Junge mit Triebstau? Astrid (Laura Tonke,) und Therapeut Kranitz (Jan Georg Schütte) beobachten Mike.

© ARD Degeto/NDR/Thomas Leidig

Dann steht bei Ihnen Sigmund Freud im Bücherschrank.
Ich interessiere mich dafür, maße mir aber nicht an, dem Zuschauer zu sagen: So ist eine klassische Therapie. Darum ist der Kranitz so windig. Darum hat er keine Ausbildung. Der arbeitet mit so was wie gesundem Menschenverstand.

Kennen Sie denn viele Leute in Paartherapie? Wie realistisch ist die Erfolgs-Quote, dass Sie Ihren Therapeuten Klaus Kranitz mit Zuversicht sagen lassen können: „Ich bekomme 1500 Euro, und, wenn Sie sich doch trennen, kriegen Sie Ihr Geld zurück“? Mit der Einstellung wird man als Therapeut doch nicht reich.
Wohl wahr. Die Statistik ist schon so, dass sich sehr viele Paare trennen. Ich kenne einige. Die meisten gehen zu spät zum Therapeuten.

Ihr privates Plädoyer?
Geht eher zum Paartherapeuten. Jede Firma kriegt einen Check Up. Warum soll man nicht mal ein Zweierteam checken?

Paartherapie? Ich habe es auch mit meiner Frau gemacht. 

Jan Georg Schütte

Auch wenn’s gut läuft?
Auf jeden Fall. Ich habe es auch mit meiner Frau gemacht. Man bekommt einen neuen Blick auf die Beziehung. Es hat sich halt schon viel eingefahren..

Ohne die Fähigkeit zur Selbstkritik geht’s aber nicht.
Das tut weh. Es ist toll, jemand Drittes dabei zu haben. Auf einmal wird’s anders.

Sie machen fiktive Paarberatung auch bei Radio Bremen. Nerven Sie mit Ihrem Beziehungs-Knowhow auf Partys?
Ich werde den Teufel tun, und jemand ansprechen: He, deine Beziehung läuft nicht so gut, ich hab’ da einen Tipp für dich. Mir ist allerdings in meinen freundschaftlichen Beziehungen sehr wichtig, dass da auch offen und ehrlich über Beziehung geredet werden kann. Und da gibt es wenig Männer, die das können.

Was ist das für Sie: eine perfekte Beziehung?
Das Zauberwort ist: Akzeptanz. Dass man auch akzeptiert, der oder die andere ist anders als ich.

Für die richtige Beziehungs-Kombi bringen Sie in der Serie Dating-Apps ins Spiel.
Auf die Art konnten wir auch jüngere Figuren in die Geschichten bringen. Das ist für die ARD Mediathek sehr wichtig.

Selbst schon getindert?
Ich hatte mal interessehalber für einen Tag einen Tinder-Account, das darf meine Frau jetzt nicht mitlesen. (lacht) Das Angebot aufgrund meines Profils war so bitter, dass ich gleich wieder raus bin. Mein Sohn ist 24, der hat die Dating-Apps alle durchprobiert.

Tinder? Ich würd‘s machen, wenn ich solo wäre.

Jan Georg Schütte

Da wird gelogen und betrogen.
Bis sich die Handys biegen. Mein Sohn hat sich mal das Profilbild der damals aktuellen Freundin von Leonardo DiCaprio gegeben. Am nächsten Morgen hatte er 600 Likes. Da meinte er dann: Guck mal, viel zu anstrengend für attraktive Frauen.

Würden Sie Dating-Apps trotzdem empfehlen?
Ich würd‘s machen, wenn ich solo wäre. Und wenig Zeit habe, nicht mehr in Clubs gehe. Ein guter Freund von mir hat seine Frau über ein Dating-Portal gefunden. Die sind seit 20 Jahren zusammen.

Zurück zu Ihrer bemerkenswerten Arbeitsweise, der Impro-Methode. Da haben Sie die erste Schauspielergarde. Peter Simonischek, Charly Hübner, Anna Schudt. Gibt es Schauspieler, die sagen: Nein, Improvisieren, das mache ich nicht?
Oft haben sie „keine Zeit“, so heißt es dann. Manche sagen direkt ab. Bei manchen bin ich seit Jahren hinterher.

Zum Beispiel?
Nora Tschirner. Da krieg' ich immer Absagen. Dabei sieht sie aus, als hätte sie die Improvisation mit der Muttermilch aufgesogen. Das kenne ich von Charly Hübner, der ist Stammgast bei mir. Charly blüht beim Drehen immer auf. Der hat Bock auf Glatteis.

Dann machen wir hier für Sie jetzt einen Aufruf an Frau Tschirner.
Gute Idee, schöne Grüße!

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