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The 76th Cannes Film Festival - Screening of the film "La passion de Dodin Bouffant" (The Pot-au-Feu) in competition - Red Carpet Arrivals - Cannes, France, May 24,  2023. Heidi Klum poses. REUTERS/Eric Gaillard

© REUTERS/ERIC GAILLARD

Models und Influencer in Cannes : Hier werden Filme zur Nebensache

Die Filmfestspiele von Cannes sollen sehr exklusiv sein. Neben, vor und hinter den Branchengrößen tummelt sich trotzdem so allerhand und vor allem deutscher Promi-Beifang.

Sie werden es mitbekommen haben, in Cannes war in den vergangenen Wochen einiges los. Auf einem der prestigeträchtigsten Filmfestival dieses Planeten wurden Premieren gefeiert und Filmkunst prämiert – inklusive hochkarätiger Gästeliste, auf der ungefähr jeder stand, der sich durch Talent, Kreativität und plastischer Chirurgie einen Platz im Film-Olymp erarbeiten konnte.

Diesem Einstieg könnten eine Lobeshymne über die besten schauspielerischen Leistungen folgen oder Erwähnungen, wer welchen Preis wofür und vor allem warum einheimste. Das Ganze könnte dann noch mit modischen Ausführungen garniert werden: Wer trug was und sah dabei ganz besonders extravagant aus? Immerhin, so sagt man, sind die Filmfestspiele von Cannes sehr glamourös.

Stefanie Giesinger kennt man weil sie eine Gewinnerin von Heidi Klums Modelwettbewerb ist. Heute ist sie hauptberuflich Influencerin. Als solche besuchte sie die Filmvorführung von „L’ete dernier“.

© REUTERS/Sarah Meyssonnier

Man könnte aber nochmal von vorne starten und das Augenmerk darauf legen, was doch letztendlich wirklich interessiert: Heidi Klums Busen. Widerlicher Sexismus, denken Sie? Kann schon sein, den Schuh können sich aber andere anziehen, es handelt sich hier nämlich um die Schlagzeile, die so oder so ähnlich die Berichterstattung über das ach so glamouröse Festival zu dominieren scheint. Klum wurde zu irgendeiner Filmvorführung eingeladen, stand davor aber etwas zu wild fuchtelnd auf dem roten Teppich herum, denn ihr gewagt geschneidertes Karnevalskleid verrutschte an unpassender Stelle. Kann ja mal passieren, blöd nur, dass über die eigentlich Stars der Veranstaltung, immerhin Juliette Binoche oder Benoît Magimel, so niemand mehr sprach.

Verena Kerth und Marc Terenzi kann man kennen, muss man aber nicht. Sie besuchten jedenfalls die Premiere des Films „Firebrand“ (Le jeu de la reine).

© REUTERS/Sarah Meyssonnier

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Promis, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht mit dem Filmgeschäft in Verbindung bringen würde, etwas von dem Glitzerstaub und dem „guten“ Ruf der Branche abhaben wollen. Und auch in Cannes durften das Leute mit klangvollen Namen wie Jenner, Giesinger oder Hadid früher schon, allerdings nur kurz und auf einem anderen Teppich: dem der AMFAR-Gala nämlich, einer Charity-Veranstaltung, für die jeder mit ein bisschen Geld einen Tisch erwerben und daran die schönsten Models setzen kann, wenn er den will. Der rote Teppich vor dem Palais des Festivals et des Congrès, wo die Filmfestspiele laufen, war den Depardieus, Swintons oder DeCaprios vorbehalten.

Nun, das ist jetzt seit einigen Jahren nicht mehr so und liegt wohl an der sogenannten Zeit. Und trotzdem überkommt einen mindestens Staunen, wenn in der „Bunten“ in Zusammenhang mit Cannes geschrieben steht: „Marc Terenzi & Verena Kerth: Im Glamour-Look lächeln sie die bösen Schlagzeilen weg“. Terenzi war mal mit Sarah Connor liiert und Kerth mit Oliver Kahn, beide gehören in die Kategorie C-Promi, der mal im RTL Dschungel war, und können darüber auch im Doppelpack nicht hinwegtäuschen.

Mode-Influencerin Leonie Hanne auf dem Roten Teppich vor der Premiere des Films «Asteroid City» sieht aus wie eine Torte.

© dpa/Daniel Cole

Die Sponsorenliste auf der offiziellen Filmfestival-Website ist lang, aber wie es scheint nicht ganz vollständig. Seit Models und Influencer nämlich deutlich machen müssen, warum sie irgendwo sind, verlinken sie fleißig ihre gönnerhaften Auftraggeber/Cannes-Kinotickets und das kann offenbar von unbekannten Parfümerien bis mittelmäßigen Juwelieren so ziemlich jeder sein. So wirkt es jedenfalls, wenn Caro Daur oder Leonie Hanne von Cannes schwärmen, gleichzeitig ungeniert über ihren Schmuck faseln und den Film, den sie eben gesehen haben sollten, mit keinem Wort erwähnen.

Man kann sich also wirklich fragen: Werden in Cannes noch die besten Filme oder schon der schönste Instagram-Post prämiert? Und was denken sich eigentlich Grandes Dames wie Catherine Deneuve oder Isabelle Huppert, wenn ihre schöne Stadt an der Côte d’Azur ausgerechnet zu dieser Jahreszeit voller Deutscher ist, die ihnen dann auch noch ganz schamlos vor das Blitzlicht latschen? Excusez-moi, ce n’est pas chic.

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