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Immer noch: Vorhang auf für Herbert Köfer.

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Unverzagt munter: Der älteste aktive Schauspieler der Welt

Herbert Köfer wird am Mittwoch 100 Jahre alt und ärgert sich vor allem über Sünden, die er nicht begangen hat. Mit ihm startete und endete das DDR-Fernsehen.

Eigentlich sollte Herbert Köfer die Bühne bei seinem Auftritt im Sommer 2018 in Frankfurt (Oder) über eine Seitentreppe betreten. Doch der damals 97-Jährige nahm lässig den geraden Weg und sprang von seinem Platz im Publikum einfach direkt nach oben. „Ich mache keine Umwege, ich gehe immer drauf zu“, kommentierte er diesen Schritt – und formulierte damit auch eine Art Lebensmotto.

Im Osten liebt ihn sein Publikum, im Westen kennt man ihn weniger

Wenn der Schauspieler, Moderator und Entertainer am heutigen Mittwoch seinen 100. Geburtstag feiert, geschieht dies nicht aus dem Ruhestand. Immer noch – und lediglich durch die Pandemie künstlerisch ausgebremst – steht Köfer auf der Bühne oder vor der Kamera. Und gilt damit als ältester noch aktiver Film- und Theaterschauspieler der Welt.

Dass sein Name fast nur Ostdeutschen etwas sagt, liegt – zugespitzt formuliert – am Desinteresse des Westens. Köfer hat, wie viele Künstler der DDR, sein Publikum im Osten behalten, im Westen aber kaum eines gewonnen.

Wie wenig der Erfolg vergangener Zeiten ostdeutschen Schauspieler:innen und Musiker:innen einen Weg ins vereinte Deutschland bahnte, zeigen Überschriften zum aktuellen Jubiläum: „Schauspiel-Legende aus der DDR“ heißt es da über Köfer und verortet ihn auf einem Stand vor 30 Jahren.

Püntklich zum Geburtstag erhielt Herbert Köfer am Montag den BZ Kulturpreis.
Püntklich zum Geburtstag erhielt Herbert Köfer am Montag den BZ Kulturpreis.

© imago

Seine Karriere beginnt allerdings schon vor mehr als 80 Jahren. Als Sohn eines Postkartenverleger-Ehepaares aus dem Prenzlauer Berg am 17. Februar 1921 in Berlin geboren, beginnt er zunächst eine kaufmännische Lehre in der Lokomotivfabrik Orenstein & Koppel in Spandau. Schon nach sechs Monaten bricht er die Lehre ab, um Schauspieler zu werden.

Seine Ausbildung macht er am Deutschen Theater in Berlin. 1940 spielt er in einer seiner ersten Bühnenrollen in einem Provinztheater. Dann holt ihn der Krieg, Köfer wird eingezogen, verwundet und gerät später in Gefangenschaft. Nach Kriegsende geht er zurück nach Berlin und spielt in Klassikern wie „Iphigenie“, später an der Volksbühne und am Deutschen Theater. Er bleibt im Schauspielgeschäft und wird quasi eine lebende Legende.

Fünfmal erhielt er den Titel "Fernsehliebling"

Am 21. Dezember 1952 ist Köfer der erste Sprecher der Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ – und er moderiert die letzte Sendung des DDR-Fernsehens nach der Wende. Fünfmal wurde er zu DDR-Zeiten Fernsehliebling der Fernsehzeitung „FF dabei“.
Köfer spielte in Schwänken und Komödien ebenso wie in Dramen, im Kabarett und in Fernsehserien, er moderierte Unterhaltungssendungen und wirkte in Hörspielen wie „Neumann, zweimal klingeln“. Dies wurde von 1968 bis 1981 wöchentlich in unglaublichen 678 Folgen auf Radio DDR I gesendet.

Bei einer Lesung aus seinem Buch "Nie war es so wie immer" in Potsdam.
Bei einer Lesung aus seinem Buch "Nie war es so wie immer" in Potsdam.

© Manfred Thomas/Tsp

Als seine größten Erfolge sieht Köfer selbst seine Rollen in den Defa-Filmen „Nackt unter Wölfen“ (1963) mit Erwin Geschonneck und von Regisseur Frank Beyer und „Wolf unter Wölfen“ bei dem Hans-Joachim Kasprzik 1964 Regie führte. In „Nackt unter Wölfen“ nach dem Roman von Bruno Apitz, der 1945 im Konzentrationslager Buchenwald spielt, hat Köfer die Rolle eines SS-Offiziers.

Der Vierteiler „Wolf unter Wölfen“ nach dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada war die erste Defa-Produktion, die auch in Westdeutschland gezeigt wurde. Darin ist Köfer als Gutsverwalter von Studmann zu sehen.

Herbert Köfer im Film "Nackt unter Wölfen" von 1963 mit Erwin Geschonneck (rechts)
Herbert Köfer im Film "Nackt unter Wölfen" von 1963 mit Erwin Geschonneck (rechts)

© Andreas Klaer

Populär wird Köfer, der seit 1964 der SED angehörte, aber vor allem durch Fernsehrollen wie den Rentner Paul Schmidt. Den spielt er ab 1977 in der Serie „Rentner haben niemals Zeit“, die in der DDR nahezu jeder kannte. Oder im Film „Der Mann, der nach der Oma kam“ und den „Geschichten übern Gartenzaun“.

Nach der Wende bleiben die ganz großen Filmrollen aus, aber Köfer steht weiter vor der Kamera. Er übernimmt mehrfach kleine Rollen und Gastrollen im Fernsehen, zum Beispiel in „Der Landarzt“, „Soko Leipzig“ oder „In aller Freundschaft“.

Bei der Probe für die "Pension Schöller" in Beelitz.
Bei der Probe für die "Pension Schöller" in Beelitz.

© Andreas Klaer

Für seine offensichtliche Lebensfreude gebe es „kein Geheimnis“, sagte er im Interview mit der „Super Illu“ vor einem Jahr. „Ich lebe bewusst, habe einen Beruf, der mich erfüllt, und ein Publikum, das, wie mir immer wieder versichert wird, mich nach wie vor gern auf der Bühne und im Fernsehen sieht.“ Um sich fit zu halten, „radle ich regelmäßig auf dem Hometrainer, mache mein Hanteltraining und verbringe Zeit an der frischen Luft“

Mit seiner Frau Heike lebt er in Brandenburg

Die genießt der Vater von drei Kindern vor allem in Brandenburg, wo er mit Heike, seiner dritten Frau, lebt. Vielseitig ist Köfer, der noch mit 92 Jahren beim Hausbau mit Schubkarre posierte, auch bei seinen Rekorden: Neben dem seit 2017 bestehende Eintrag als ältester aktiver Schauspieler der Welt führt ihn das Guinness-Buch als „ältesten, prominenten, noch aktiven Trabrennfahrer“.

Herbert Köfer und seine Frau Heike bei der Premiere des Musicals "Zombie Berlin" im BKA Theater in Kreuzberg 2019.
Herbert Köfer und seine Frau Heike bei der Premiere des Musicals "Zombie Berlin" im BKA Theater in Kreuzberg 2019.

© Jens Kalaene/dpa

Wenn er sich alte Defa-Filme ansehe, sei er manchmal fassungslos, „dass ich oft einer der wenigen bin, der von den Darstellern noch präsent ist“, sagt Köfer.

Dass er das ist, zeigen die Sendungen anlässlich seines Geburtstages. Köfer rät, „munter und unverzagt“ zu leben – „danach wird es eng, und dann ärgert man sich, vor allem über die Sünden, die man nicht begangen hat“. In seiner Biografie, die anlässlich seines 99. Geburtstages erschien, schreibt er den Satz: „Es gibt verdammt viele Gründe, nicht zu sterben.“mit dpa/AFP

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